Leitsatz (amtlich)
Der Verwalter kann auch dann nach § 26 Abs. 3 S. 1 WEG jederzeit ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes abberufen werden, wenn das Bestellungsrechtsverhältnis vor dem 1.12.2020 begründet wurde.
Der Verwaltervertrag endet auch in einem solchen Fall gemäß § 26 Abs. 3 S. 2 WEG spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.
Eine Vertragsbeendigung zum Zeitpunkt der Abberufung folgt bei einer Abberufung ohne wichtigen Grund hingegen nicht aus einer in einem Verwaltervertrag, der vor dem 1.12.2020 geschlossen wurde, enthaltenen Kopplungsklausel, wonach der Verwaltervertrag mit der Abberufung endet.
Verfahrensgang
AG Langen (Urteil vom 09.12.2022; Aktenzeichen 57 C 90/22 (17)) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Urteil des Amtsgerichts Langen (Hessen) vom 09.12.2022 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 9.991,20 EUR nebst Zinsen aus jeweils 1.665,20 EUR seit dem 01.01.2022, dem 01.02.2022, dem 01.03.2022, dem 01.04.2022, dem 01.05.2022 sowie dem 01.06.2022 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 85% und die Beklagte zu 15%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Schuldnerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis 65.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt als ehemalige Verwalterin der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft von dieser Zahlung … für die Zeit nach ihrer Abberufung.
Durch Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten vom 24.09.2019 wurde die Klägerin für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2024 zum Verwalter bestellt. In am 22.10.2019 zwischen den Parteien geschlossenen Verwaltungsvertrag heißt es unter § 1 Ziff. 1.3 des Vertrages:
„Der Verwaltervertrag wird für die Dauer der Bestellung geschlossen, höchsten für jeweils 5 Jahre. Er beginnt mit dem Anfang der Bestellungszeit und endet mit dessen Ablauf. Endet das Verwalteramt vor Ablauf der Bestellzeit, endet damit zugleich und zeitgleich auch der Verwaltungsvertrag.”
Weiter heißt es unter § 1 Ziff. 1.5:
„Der Verwaltungsvertrag kann für die Zeit der Vertragsdauer von beiden Vertragsparteien nur aus wichtigem Grund gekündigt werden Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Der wichtige Grund ist in der Kündigung anzugeben. Die Kündigung durch die Verwalterin kann nur in der Eigentümerversammlung oder schriftlich gegenüber allen Eigentümern erfolgen.”
…
In der Eigentümerversammlung vom 25.11.2021 beschlossen die Mitglieder der Beklagten unter TOP 1 die Abberufung der Klägerin mit sofortiger Wirkung und die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund.
Die Klägerin begehrt nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagten Zahlung in Höhe der restlichen Netto-Verwaltervergütung unter Abzug ersparter Aufwendungen in Höhe von 20%.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass auf Grund der im Verwaltervertrag enthaltenen Regelungen über die Kopplung zwischen Vertragsbestehen und Bestehen des Verwalteramts mit der Abberufung vom 25.11.2021 auch der Verwaltervertrag automatisch sein Ende gefunden habe. Während die Regelung, welche die Abberufung auf einen wichtigen Grund beschränkte, nach neuem Recht nicht mehr binde, fände die – auch einer AGB-Prüfung standhaltende – Kopplungsklausel weiterhin Anwendung, sodass hier jederlei Abberufung auch zur Vertragsbeendigung führe und die Klägerin einen Vergütungsanspruch aus dem Verwaltervertrag nicht mehr herleiten könne.
…
Gegen das klageabweisende Urteil wendet sich die Klägerin mit Berufung, mit welcher sie ihre erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiterverfolgt, wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die insoweit gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Im Übrigen war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
1.
In der Hauptsache steht der Klägerin gegen die Beklagte nur ein um ersparte Aufwendungen reduzierter Vergütungsanspruch gemäß § 615 S. 1 und 2 BGB für die auf die Abberufung folgenden sechs Monate zu. Darüber hinaus steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch zu.
a)
Anders als die Beklagte meint, entfällt ein Anspruch der Klägerin nicht schon deshalb vollständig, weil der Verwaltungsvertrag zurecht aus wichtigem Grund gekündigt worden wäre. Ohne dass es einer Beantwortung der Fragen zur Form der fristlosen Kündigung vom 25.11.2021 bedürfte, wurde der Verwaltungsvertrag durch sie allein nicht be...