Verfahrensgang
AG Hanau (Urteil vom 10.07.2013; Aktenzeichen 37 C 69/13-17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hanau vom 10. Juli 2013 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Klage hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 1 und TOP 5 der Wohnungseigentümerversammlung vom 22. Januar 2013 abgewiesen worden ist.
Die Beschlüsse zu TOP 1 und TOP 5 der Wohnungseigentümerversammlung vom 22. Januar 2013 werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger zu 25 % und die Beklagten zu 75 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 30 % und die Beklagten zu 70 %.
Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für die erste Instanz auf die Gebührenstufe bis 9.000 EUR und für die zweite Instanz auf die Gebührenstufe bis 8.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.
1. …
4. Begründet ist die Berufung auch, soweit der Kläger den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5 angefochten hat.
a) Insoweit haben die Wohnungseigentümer – soweit noch Gegenstand des Berufungsverfahrens – beschlossen: „Die Verwaltung wird der Eigentümergemeinschaft und den Mietern eine allgemeingültige Hausordnung zukommen lassen”.
Bei der insoweit vorzunehmenden objektiv-normativen Auslegung ist Beschlussgegenstand nicht nur – wie die Beklagten meinen – die Vorbereitung einer Hausordnung. Vielmehr wird durch den Beschluss dem Verwalter die Aufgabe übertragen, eine Hausordnung zu erstellen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Beschlusses, der dahingeht, dass die Verwaltung der Eigentümergemeinschaft und den Mietern eine „allgemeingültige Hausordnung zukommen lassen” soll. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass damit die Wohnungseigentümergemeinschaft den Verwalter ermächtigen wollte, eine Hausordnung aufzustellen, die verbindlich ist. Eine reine Vorbereitung einer Hausordnung, die dann von den Wohnungseigentümern erneut beschlossen werden soll, ist demgegenüber, wie sich bereits aus der im Beschluss erwähnten Verbindlichkeit ergibt, nicht Beschlussgegenstand. Zudem liegt es fern, anzunehmen, der Entwurf einer Hausordnung sollte den Mietern zugänglich gemacht werden.
b) Ob durch einen Mehrheitsbeschluss der Verwalter zur Aufstellung einer Hausordnung ermächtigt werden kann, ist allerdings umstritten. Teilweise wird dieses bejaht (OLG Stuttgart NJW-RR 1987, 976; Niedenführ/Vandenhouten § 21 Rn 56; Jennißen/Heinemann § 21 Rn 53). Teilweise wird eine entsprechende Befugnis allerdings auch verneint (Bärmann/Merle § 21 Rn 80; Palandt/Bassenge § 21 WEG Rn 13; Staudinger/Bub, 2005, § 21 Rn 19).
Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ein Beschluss dahingehend, dass der Verwalters eine Hausordnung mit verbindlicher Wirkung aufzustellen und den Wohnungseigentümern bekannt zu geben, ist bereits wegen Fehlens der Beschlusskompetenz nichtig. Denn durch Beschlussfassung der Wohnungseigentümer können nur solche Angelegenheiten geordnet werden, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden dürfen, anderenfalls bedarf es einer Vereinbarung (BGH NJW 2000, 3500). Die Möglichkeit der Übertragung der Erstellung der Hausordnung ist weder durch das Gesetz noch durch eine Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen, eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer fehlt daher.
Vielmehr sind gem. §§ 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 1 WEG – soweit nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer etwas anderes geregelt ist – die Wohnungseigentümer zur Aufstellung einer Hausordnung berufen. Diese Aufgabe können sie nicht insgesamt auf einen Dritten übertragen, sondern müssen über die Hausordnung selbst eine Beschlussfassung herbeiführen.
Selbst wenn man dieses anders sehen wollte und eine Kompetenz annehmen würde, entspricht die im vorliegenden Fall vorgenommene vollständige Übertragung dieser Aufgabe ohne jegliche inhaltliche Vorgaben nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer einer ihrer Kernaufgaben (§ 21 Abs. 5 Nr. 1 WEG) ohne jegliche Konkretisierung auf einen Dritten übertragen, ohne diesen insoweit einer inhaltlichen Kontrolle oder inhaltlichen Vorgaben zu unterwerfen. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die Wohnungseigentümer im konkreten Fall bei der Beschlussfassung nicht davon ausgegangen sind, dass der Verwalter zum Aufstellen einer verbindlichen Hausordnung ermächtigt werden sollte.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrund...