Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluss über eine Baumaßnahme, der einer Nutzungsvereinbarung entgegensteht, ist nicht nichtig.
Es besteht eine Beschlusskompetenz einem Eigentümer eine Zahlung zuzuwenden, um damit eine Beeinträchtigung durch einen Entzug der Nutzungsmöglichkeit des Gemeinschaftseigentums durch eine Baumaßnahme zu kompensieren
Verfahrensgang
AG Seligenstadt (Urteil vom 08.03.2023; Aktenzeichen 1 C 94/22) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers und Berufungsklägers gegen das am 08.03.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Seligenstadt (1 C 94/22) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger und Berufungskläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und Berufungskläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und Berufungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten – soweit für die Berufung noch von Interesse – um die Nichtigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 24.11.2021 zu TOP 12. Die Gemeinschaft besteht aus drei Eigentümern. […]
Die Einladung hatte folgenden Inhalt: „Beschluss Gartenhütte für Fahrräder für DG (Wunsch X: Soll vorne in die Ecke der Hecke, weg vom Haus, ohne Fundament aufgestellt werden. X würde 20,00 EUR Miete für die Grundfläche an die beiden Miteigentümer anbieten. Die Hütte würde natürlich von X bezahlt werden). Die Gartenhütte sollte in Metall hellgrau oder anthrazit sein. Flächenmaß ca. 261 × 182 cm Höhe 206 cm. …”.
Der Beschluss lautet wie folgt: „Beschluss über die Genehmigung zur Errichtung von Gartenhütten im Allgemeineigentum für Fahrräder und Abstellen von Gartenwerkzeugen. Die Finanzierung erfolgt auf eigene Kosten der jeweiligen Eigentümer, die eine solche Gartenhütte auf dem Allgemeineigentum errichten möchten. Die Gartenhütten sollen rechts vom Haus ohne Fundament aufgestellt werden. Die Skizze zum Protokoll wird in die Beschlussfassung mitaufgenommen. Die Eigentümer der Dachgeschosswohnung würden als Entgelt für die Nutzung einen monatlichen Betrag in Höhe von EUR 10,00 pro Wohnung als Nutzungsentschädigung an die Eigentümer der Wohnung OG und DG überweisen. Die Eigentümer der Wohnung OG schließen sich dem Vorschlag an und würden ebenfalls monatlich EUR 10,00 als Nutzungsentschädigung an die Wohnung DG und EG überweisen …”.
Der Kläger ist der Auffassung der Beschluss sei nichtig, denn er würde einer Nutzungsvereinbarung aus dem Jahre 2016 widersprechen, in der die Eigentümer vereinbart hätten, an der Stelle, die nun für die Hütten vorgesehen sei, Mülltonnenstellplätze zu errichten. Im Übrigen gebe es keine Kompetenz der Gemeinschaft über Zahlungen an die Eigentümer zu beschließen.
Hinsichtlich der Anträge und der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der weiterhin die Nichtigkeit rügt und seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Ergänzend rügt der Kläger, dass durch den Beschluss ein faktisches Sondernutzungsrecht begründet werde. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Im Übrigen wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Der Beschluss ist nicht nichtig, was wegen Versäumung der Anfechtungsfrist von der Kammer alleine zu prüfen war.
Der Beschluss ist weder bezüglich der Errichtung der Gartenhütten noch bezüglich der Entgeltregelung nichtig.
Für den Beschluss über die Gestattung der Errichtung der Hütten besteht eine Beschlusskompetenz gemäß § 20 Abs. 1 WEG. Dabei ist ohne Relevanz, ob die Eigentümer im Jahre 2016 eine anderweitige Vereinbarung getroffen haben, wonach an der Stelle, an welcher jetzt die Gartenhütten errichtet werden sollen, Standorte für Müllplätze vereinbart worden sind. Denn selbst wenn dies geschehen sein sollte, woran allerdings Zweifel bestehen, stünde dies einer Beschlussfassung nicht entgegen, so dass es einer weiteren Aufklärung hierzu nicht bedarf.
Allerdings ist die Frage umstritten, in welchem Umfang durch Baubeschlüsse nach § 20 Abs. 1 WEG in Nutzungsvereinbarungen eingegriffen werden kann. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass Nutzungsvereinbarungen Baubeschlüssen, welche diese tangieren, bereits auf Kompetenzebene entgegenstehen (BeckOGK BGB /Kempfle, 15.12.2022, § 20 Rn. 130; BeckOK WEG/Elzer, 1.1.2023, WEG § 20 Rn. 59). Teils wird jeglicher Bezug von Nutzungsvereinbarungen für Baubeschlüsse in Abrede gestellt (Häuble...