Leitsatz (amtlich)

Bei einer Teilung nach § 3 WEG sind die Grundsätze der werdenden WEG jedenfalls dann auf die Erwerber des Bauträgers anwendbar, wenn die Teilung zwischen dem Bauträger und der Ehefrau des Geschäftsführers des Bauträgers erfolgte.

 

Verfahrensgang

AG Bensheim (Urteil vom 23.05.2018; Aktenzeichen 6 C 621/17 (10))

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des AG Bensheim vom 23.05.2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für beide Instanzen beträgt 5.000,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger machen mit ihrer Anfechtungsklage die Ungültigkeit von zwei auf der Versammlung nicht angenommenen Beschlüssen geltend.

Die WEG wurde durch eine Teilung nach § 3 WEG begründet zwischen der Bauträgerin… und der Ehefrau des Geschäftsführers der vorgenannten Gesellschaft, die das Eigentum an einer Wohnung erhielt. Die übrigen Wohnungen erhielt die Bauträgerin. Diese errichtete das Gebäude und veräußerte die Wohnungen. Die Übergabe des Besitzes an Wohnung Nr. 13 an die Kläger ist erfolgt, eine Vormerkung ist im Grundbuch eingetragen. Die Kläger haben wegen behaupteter Mängel einen Teil des Kaufpreises zurückgehalten. Eine Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch ist nicht erfolgt. Die Kläger nahmen in der Vergangenheit an Eigentümerversammlungen teil, der Kläger zu 2 wurde als Beirat gewählt. Auf der hier gegenständlichen Versammlung wurde den Klägern mit Blick auf die fehlende Eigentumseintragung das Stimmrecht verwehrt, der Kläger zu 2 durfte indes als Beirat an der Versammlung teilnehmen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, denn die Kläger seien mangels Eigentümerstellung nicht zur Beschlussanfechtung befugt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist im Ergebnis zutreffend.

Allerdings ist die Kammer der Auffassung, dass die Kläger zur Anfechtung der getroffenen Beschlüsse berechtigt sind, da auf sie das Rechtsinstitut der werdenden Wohnungseigentümer anzuwenden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist auf das Innenverhältnis einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine vorverlagerte Anwendung der Regelungen des WEG geboten, wenn die Käufer eine rechtlich verfestigte Erwerbsposition besitzen und sie infolge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Lasten und Nutzungen der Wohnung ein berechtigtes Interesse daran haben, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnungsanlage vorzeitig auszuüben (st. Rspr.; zuletzt BGH NZM 2016, 266).

Die vorgenannten Voraussetzungen sind für die Kläger, worüber die Parteien auch nicht streiten, an sich erfüllt. Allerdings ist zweifelhaft, inwieweit diese, auf Fälle der Teilung nach § 8 WEG ergangene Rechtsprechung auch auf Fälle der Teilung nach § 3 WEG – wie hier – anzuwenden ist. Teils wird dies generell verneint (BayObLG NJW-RR 2000, 623; KG ZMR 2001, 656; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter § 10 Rn. 41; Armbrüster/Witsch ZWE 2019, 386, 388), teils bejaht, wobei vor allem – zum Streitfall anders gelagerte – Fälle einer ins Stocken geratenen Bauherrengemeinschaft diskutiert werden (Bärmann/Suilmann § 10 Rn. 20; Staudinger/Rapp, Neubearb. 2018, § 3 Rn. 41; BeckOGK/Müller § 10 Rn. 83 ff.; Niedenführ/Vandenhouten § 10 Rn. 13).

Jedenfalls in dem vorliegenden Fall, in welchem der Aufteilungsvertrag zwischen einem Bauträger und einer ihm nahestehenden Person erfolgt, sind nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen für eine Vorverlagerung der Anwendung der Regelungen der WEG im Innenverhältnis gegeben.

Die besondere rechtliche Behandlung des Erwerbs von Wohnungseigentum als werdender Eigentümer in der Entstehungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft begründet der BGH mit der Überlegung, dass sich die Aufteilung durch den Bauträger grundlegend von dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft unterscheidet, und zwar wegen der mit der Abwicklung von Gewährleistungsrechten verbundenen Verzögerungen der Eigentumsumschreibung und wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern. Für diese Übergangsphase hält der BGH eine Mitwirkung der Erwerber nach den Regeln sinnvoll, deren Geltung die Beteiligten ohnehin anstreben (BGH NJW 2015, 2877).

Insoweit macht es aber weder für den Erwerber noch für den Bauträger einen Unterschied, ob das Grundstück nach § 8 WEG geteilt wird, was zur Vorverlagerung der Regeln des WEG führen würde, oder aber ein Grundstück, dass im gemeinsamen Eigentum des Bauträgers und einer ihm nahestehenden Person steht, nach § 3 WEG in der Weise geteilt wird, dass der Bauträger Eigentümer nahezu aller Wohnungen wird und diese dann in gleicher Weise, wie bei einer Teilung nach § 8 WEG veräußert. Auch hier kann sich – wie der Fall zeigt – das Problem stellen, dass die Eintragung der Erwerber erhebliche Zeit in Anspruch nimmt, da die Eigentum...

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