Nachgehend
BVerfG (Beschluss vom 23.08.1990; Aktenzeichen BvR 440/90) |
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die ordentliche Kündigung der Kläger v. 19.12.1986 hat das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet, da ein berechtigtes Interesse der Kläger an seiner Beendigung in Form des Eigenbedarfs nicht festzustellen ist (§ 564b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dies ergibt eine Beurteilung anhand der durch Rechtsentscheid und Verfassungsgerichtsentscheidung im Prinzip festgelegten, anhand der dortigen Fälle verständlich gemachten und danach in ständiger Rechtsprechung praktizierten Maßstäbe, nach denen es vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Eigentümers für seinen Willen geben muß, die eigene Wohnung selbst oder durch Angehörige nutzen zu lassen. Solche könnten hier im Falle ihrer Bestätigung zwar gegeben gewesen sein, wenn ein Nutzungswille in der aus dem Kündigungsschreiben ersichtlichen damaligen Form noch bestehen würde. Da das Verlöbnis mit dem Zeugen O.… aber nicht mehr besteht, beschränkt sich die von den Klägern vorgestellte Nutzung allein auf ihre Tochter. Denn bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung war es ihrerseits nicht vorgetragen worden, daß zwischen ihrer Tochter und dem Zeugen A.… mittlerweile eine so substantielle menschliche Verbindung begründet worden ist, daß von ihr eine gewisse Beständigkeit erwartet werden kann und daß auf einer solchen relativ stabilen menschlichen Grundlage ein Zusammenleben beider in der Wohnung der Beklagten beabsichtigt ist. Dies wird in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz 12.2.1990 zwar dem bisherigen Klägervorbringen als Sinngehalt unterlegt und behauptet, ohne daß aber auch hier die tatsächlichen Grundlagen für die Annahme einer substantiellen und ernsthaften Lebensbeziehung nachvollziehbar mitvorgetragen würden. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung, der nach Meinung der Kammer bei ausreichend substantiiertem Vorbringen zur Art des Verhältnisses zu dessen Berücksichtigung erforderlich gewesen wäre, lehnt sie aber ab, § 156 ZPO. Die anderenfalls vorhandene, zum Teil sehr kontrovers entschiedene Frage, ob die festzustellende sachliche Änderung und Erweiterung in bezug auf die Fakten des Eigenbedarfs im Verhältnis zum Kündigungsschreiben und dem bisherigen Sach- und Streitstand nach Maßgabe des § 564b Abs. 3 BGB überhaupt zu berücksichtigen sein kann, brauchte daher abschließend nicht beantwortet zu werden.
Als Grundlage des Eigenbedarfs der Kläger verbleibt es daher dabei, daß allein der Tochter, die eine Beziehung zu dem Zeugen A.… haben mag, die Wohnung zur Verfügung stehen soll.
Dieser Grund erscheint der Kammer indessen weder nachvollziehbar noch vernünftig. Die Tochter der Kläger wird, wie in der mündlichen Verhandlung v. 19.1.1990 erfragt wurde, bald 22 Jahre alt und ist noch Studentin. Sie ist nach allem, was den Akten zu entnehmen ist, an einen durchschnittlichen bürgerlichen Lebenszuschnitt gewöhnt, dem es – dies ergibt sich aus der Lebenserfahrung der Kammer – entspricht, studierende oder in der Ausbildung befindliche Kinder dieses Alters mit vergleichsweise unaufwendigem Wohnraum auszustatten, zumeist schon deswegen, weil ein größerer Aufwand nicht finanziert werden kann. An diesen üblichen Rahmen des räumlichen Lebenszuschnitts einer Studentin hält sich der Komfort, den die Klägerin für ihre Tochter nach ihren Vorstellungen als angemessen erachten, überhaupt nicht mehr, sondern überschreitet ihn drastisch. Die streitige 4-Zimmer-Wohnung ist nämlich 107 qm groß, der Mietzins, der selbst nach dem Klägervorbringen nach Maßgabe des MHG zu erzielen wäre, überschreitet den effektiv gezahlten Mietzins von DM 865,- bedeutend. Dazu kommt der Aufwand für Betriebskosten.
Die Kammer geht zwar, den obengenannten anzulegenden Maßstäben entsprechend, im Grundsatz davon aus, daß ein Vermieter bei der Entscheidung, welchen Wohnbedarf er für sich oder seine Angehörigen als angemessen beurteilt, grundsätzlich frei ist (BVerfG WM 1985,75 ff., 77), weil es im Prinzip jedenfalls nicht Sache des Gerichts sein kann, ihm rechnerisch Grenzen zu setzen oder Beschränkungen vorzuschreiben. Es kommt auch hinzu, daß die Frage der Akzeptabilität von Wohnbedarf nicht nur nach der Wohnfläche zu beurteilen ist, wenn ein Vermieter sich entschließt, relativ großen Wohnraum deswegen zu beanspruchen, weil er anderenfalls auf dem Wohnungsmarkt besondere Schwierigkeiten erwarten muß, die seine Entscheidung verständlich werden lassen und – wie hier – eine andere vorhandene Unterbringung als nicht auf Dauer akzeptabel erscheint. Die grundsätzliche Eigennützigkeit des Eigentums und die freie Verfügungsbefugnis des Eigentümers wird aber durch die Tatsache begrenzt, daß er als Teil der Rechtsgemeinschaft Beschränkungen in seiner Freiheit aus sozialen Gründen unterliegt, die seine eigene Entscheidung irrelevant machen, wenn sie aus Gemeinschaftsgesichtspunkten nicht mehr verständlich ist. Hierauf gründet sich letztlich auch das oben festgehaltene Erfordernis der Feststellung v...