Leitsatz (amtlich)
Aus dem Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung muss eindeutig erkennbar sein, welche Abrechnung in Bezug genommen wird. Jedenfalls wenn vor der Versammlung verschiedene Abrechnungen versandt wurden, genügt die pauschale Bezeichnung des Jahres der Abrechnung den Bestimmtheitsanforderungen nicht.
Verfahrensgang
AG Offenbach (Urteil vom 26.07.2019; Aktenzeichen 320 C 150/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des AG Offenbach am Main vom 26.07.2019 abgeändert. Die Beschlüsse zu TOP 2 (Jahresabrechnung) und TOP 3 (Verwalterentlastung) der Eigentümerversammlung vom 26.09.2018 werden für ungültig erklärt.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 23.205,70 EUR
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Anfechtung einer Jahresabrechnung und des darauf beruhenden Entlastungsbeschlusses.
Zunächst wurde mit Schreiben vom 12. Juli 2018 zu einer Eigentümerversammlung auf den 15. August 2018 eingeladen. Dieser Einladung lag als Anlage die Jahresabrechnung bei. Die Versammlung war nicht beschlussfähig, es stellte sich dort ein Fehler der Abrechnung heraus. Sodann wurde zu einer Wiederholungsversammlung eingeladen. Insoweit wurde eine korrigierte Abrechnung übersandt, die allerdings nicht alle bereits übersandten Unterlagen (erneut) enthielt. In der Eigentümerversammlung wurde sodann unter dem TOP 2 „Wohngeldabrechnung 2017” der Beschluss gefasst: „Die Abrechnung wird genehmigt”. Das Protokoll enthält den Hinweis, dass die mit der Einladung zur Versammlung am 15. August 2018 (war nicht beschlussfähig) verschickte Abrechnung ausführlich besprochen wurde.
Das Amtsgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat Beweis erhoben hinsichtlich des Protokolls. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Protokoll nicht ordnungsgemäß sei, da der Verwalter einen zuvor bereits erstellten Entwurf verwandt habe. Die Klage hat es abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Kläger weiter die Ungültigerklärung der angefochtenen Beschlüsse erstreben. Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Verfahren ist nach dem bisherigen Verfahrensrecht – gegen die übrigen Eigentümer – weiter zu führen (§ 48 Abs. 5 WEG). Materiell ist der gefasste Beschluss im Grundsatz nach dem bei Beschlussfassung geltenden Recht zu beurteilen (Kammer, NZM 2021, 45; LG Rostock ZMR 2021, 63; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 14 Rn. 223; Riecke MDR 2021, 213 (214)), für die hier entscheidende Frage der Bestimmtheit des Beschlusses enthält das neue Recht allerdings ohnehin keine Änderung.
Der Beschluss über die Jahresabrechnung (§ 28 WEG) entspricht bereits deshalb nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er nicht hinreichend bestimmt ist. Insofern ist bei der gebotenen objektiv-normativen Auslegung erforderlich, dass sich aus dem Beschluss hinreichend klar, auch für einen Sonderrechtsnachfolger, ergibt, welchen Inhalt dieser Beschluss hat. Dies muss sich im Grundsatz aus dem Wortlaut ergeben. Eigentümerbeschlüsse sind „aus sich heraus” auszulegen. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (BGH NJW-RR 2016, 985 Rn. 9). Allerdings kann ein Beschluss auf Dokumente Bezug nehmen, dies hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich für die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung anerkannt. Erforderlich ist dann aber, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist, denn nur dann ist sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers, dem Beschluss entnehmen kann, welchen Inhalt er hat (BGH NJW-RR 2016, 985 Rn. 9 f.).
Im Grundsatz genügt diesen Anforderungen bei einer Jahresabrechnung die Angabe des Jahres, über welches die Abrechnung erfolgt, da dann unter Hinzunahme des Protokolls und der dort in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig erkennbar ist, was Beschlussgegenstand war (BGH NJW-RR 2016, 985 Rn. 9 f., LG Dortmund ZWE 2017, 455 (456); Kammer NZM 2019, 65 Rn. 11; strenger Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 28 Rn. 199; ebenso der Vorschlag für die Beschlussfassung Greiner ZWE 2019, 295 (296)).
So liegt der Fall hier aber nicht, denn es gab zwei Versionen der Abrechnung, wobei die spätere Version die frühere nicht vollständig, sondern nur teilweise ersetzte, da nicht alle Unterlagen (zB das Übersichtsblatt mit den Kontoständen) erneut übersandt wurden. Damit bleibt völlig unklar, was beschlossen wurde und damit Gegenstand der beschloss...