Verfahrensgang
AG Bensheim (Urteil vom 18.01.2013; Aktenzeichen 6 C 419/12 (15)) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 18. Januar 2013 abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, die Pergola, die sie an der rückwärtigten Gartenfront ihrer Sondereigentumseinheit Nr. 1 der Teilungserklärung errichtet haben, einschließlich der seitlichen Begrenzungselemente und der oberhalb der Pergola angebrachte Markise zu entfernen und den ursprünglichen Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums in diesem Bereich wieder herzustellen.
2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Beseitigungsanspruch aus §§ 1004 BGB, 14 WEG zu. Bei der von den Beklagten – an der Stelle der vorher vorhandenen Holzpergola – errichteten Pergola handelt es sich unproblematisch um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG. Entgegen der Annahme des Amtsgerichts bedurfte diese Maßnahme jedoch der Zustimmung des Klägers, denn dieser ist hierdurch über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus in seinen Rechten beeinträchtigt.
1. Ein insoweit erforderlicher Nachteil ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Entscheidend ist insoweit, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Bei einer – wie hier gegebenen – erheblichen optischen Veränderung des Gesamteindruckes ist, wie der BGH ausdrücklich betont, ein Nachteil regelmäßig anzunehmen (vgl. zuletzt BGHZ 196, 45 m. w. N.). Eine Beeinträchtigung liegt insoweit nur dann nicht vor, wenn die Veränderung lediglich aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive, wie etwa aus der Luft oder von einer für Wohnungseigentümer und der gewöhnlich nicht zugänglichen Dachfläche zu erkennen ist (Niedenführ/Vandenhouten, WEG § 22 Rn 97 m. w. N.).
Die Errichtung der Pergola ist ein derartiger Nachteil. Dass sie für den Kläger nicht wahrnehmbar ist, behaupten die Beklagten nicht. Sie verändert auch das äußere Erscheinungsbild der Sondernutzungsfläche.
2. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Beklagten ergibt sich im vorliegenden Fall eine Modifizierung der Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer nach § 14 WEG weder aus der Teilungserklärung noch aus einer abweichenden Handhabung.
a) Die Teilungserklärung bestimmt ausdrücklich, dass eine Veränderung, der in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Teilen des Gebäudes, ausgeschlossen ist. Eine Bestimmung – die für Reihenhausanlagen denkbar wäre –, dass die Miteigentümer hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums in weit größerem Umfang, als es das Wohnungseigentumsgesetz vorsieht, eigene Gestaltungsrechte haben, findet sich in der Teilungserklärung jedoch nicht. Eine derartige Auslegung lässt die Teilungserklärung – die wie alle Grundbucheintragungen alleine nach dem Wortlaut und Sinn, wie sich dieser für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (vgl. nur BGHZ 59, 52), auszulegen ist – mangels Anhaltspunkten, die in eine solche Richtung weisen, auch nicht deshalb zu, weil es sich um eine Reihenhausanlage handelt. Vielmehr ergibt sich aus der Teilungserklärung im Gegenteil, dass eine Veränderung des Gemeinschaftseigentums gerade nicht gewünscht ist, was sich etwa auch daraus ergibt, dass etwa die Farbe des Außenanstriches des Gebäudes nur mit Einstimmigkeit geändert werden kann.
b) Dass ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung zwischen allen Wohnungseigentümern beschlossen wurde, tragen die Beklagten nicht vor. Auch aus der behaupteten langjährigen Übung, abweichend von den Regelungen des WEG die Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu regeln und bauliche Veränderungen vorzunehmen, kann eine entsprechende konkludente Vereinbarung nicht hergeleitet werden. Zwar kann eine Vereinbarung auch stillschweigend durch konkludentes Handeln oder ständige Übung geschlossen werden, dies setzt jedoch einen entsprechenden rechtsgeschäftlichen Regelungswillen der Wohnungseigentümer voraus, der in dem konkreten Verhalten zum Ausdruck kommen muss. Insoweit muss erkennbar sein, dass den Wohnungseigentümern bewusst war, dass sie ihr Verhältnis untereinander in Abweichung oder Ergänzung der Gesetze oder in Abweichung der bestehenden Vereinbarungen regeln (vgl. Niedenführ/Kümmel § 10 Rn 19 WEG mwN).
Einen entsprechenden Willen kann jedoch im vorliegenden Falle nicht festgestellt werden, vielmehr ist – bei objektiver Betrachtung – davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer ohne Kenntnis der bestehenden Gesetzeslage und der Vereinbarungen handelten. Daher kann ihrem Handeln nicht der Wille beigemessen werden, eine entsprec...