Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wegen Untätigkeit wird das Amtsgericht xxxxxxxxxxx angewiesen, den Zivilrechtsstreit xxxxxxxxxxxxx beschleunigt fortzuführen und zum Abschluss zu bringen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche aus einem Gebrauchtwagenkaufvertrag.
Die Klage ging am 26.5.2006 beim Amtsgericht xxxxxxxxx ein. Nach Durchführung der Beweisaufnahme wurde schließlich in der mündlichen Verhandlung vom 2.7.2009 ein Verkündungstermin bestimmt auf den 20.8.2009. Dieser Termin wurde aus dienstlichen Gründen zunächst fünfmal verlegt (vom 20.8. auf den 3.9., den 17.9., den 1.10., den 15.10. und dann auf den 17.11.2009) und schließlich aus dienstlichen Gründen aufgehoben. Die Parteien stimmten sodann der Anregung des Gerichts auf Durchführung des schriftlichen Verfahrens gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zweimal zu (zuletzt mit Schriftsätzen vom 27.11.2009 und vom 5.3.2010), ohne dass ein solches Verfahren vom Gericht durchgeführt worden wäre.
Nachdem das Gericht auf Sachstandanfragen nicht mehr reagierte, hat die Beklagte Untätigkeitsbeschwerde erhoben.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
a) Die Untätigkeitsbeschwerde ist analog §§ 567 ff. ZPO als außerordentlicher Rechtsbehelf zulässig, um einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG und gegen Art. 13 EMRK zu vermeiden (OLG Schleswig, Beschluss vom 20.5.2009 - 15 WF 140/09 - ; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. März 2009 - I-23 W 99/08 - ; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 22. Januar 2009 - 10 WF 253/08 -, jeweils zitiert nach juris und jeweils mit m. w. N.).
Zwar ist das Rechtsmittelsystem der ZPO so ausgestaltet, dass ein Rechtsmittel eine Entscheidung voraussetzt, die mit ihm angegriffen wird. An einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des Amtsgerichts fehlt es bisher; richterliche Verfügungen und Hinweise sind als verfahrensleitende Anordnungen von untergeordneter Bedeutung nicht isoliert, sondern allenfalls gemeinsam mit der das Verfahren im ersten Rechtszug beendenden Entscheidung anfechtbar (vgl. Zöller-Geimer/Vollkommer, 27. Auflage, Rn. 1, 44 ff. zu § 329 ZPO i. V. m. Zöller-Heßler, aaO., Rn. 30 ff. zu § 567 ZPO).
Es ist allerdings (auch) die Aufgabe der Rechtsprechung, im Rahmen ihrer Ressourcen dafür zu sorgen, dass die Rechtsgewährung ohne unzumutbare Verzögerung erfolgt (BVerfG NJW 2008, 503; FamRZ 2008, 2258). Das rechtfertigt es, in derartigen Fällen eine Beschwerde zu eröffnen, sofern der Rechtszug gegen die ergangene Entscheidung, deren Erlass unzumutbar verzögert wird, eröffnet wäre (Zöller-Heßler, aaO., Rn. 21 m. w. N.).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde ist es, dass eine über das Normalmaß hinausgehende, den Parteien unzumutbare Verzögerung dargetan wird, die auf eine Rechtsverweigerung hinausläuft (vgl. BVerfG NJW 2008, 503 - Die Entscheidung lässt im Anschluss an die Plenarentscheidung BVerfGE 107, 395 im Hinblick auf das Gebot der Rechtsmittelklarheit offen, ob eine Untätigkeitsbeschwerde aus dem geltenden Rechtsmittelsystem ableitbar ist; vgl. ferner BVerfG FamRZ 2008, 2258, das zwar die Auffassung des Instanzgerichts teilt, dass das Gesetz eine Untätigkeitsbeschwerde nicht eröffne, aber für den Fall einer anderen Auslegung des Verfahrensrechts die Instanzgerichte für verpflichtet hält einzuschreiten, wenn ein Fall völlig unzumutbarer und auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung vorliegt).
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Die Beklagte macht geltend, dass über die Klage bzw. ihren Klageabweisungsantrag bis heute in der Sache nicht entschieden ist und dieses vor dem Hintergrund des seit mehr als einem Jahr entscheidungsreifen Rechtsstreits nicht hinzunehmen ist.
b) Das erstinstanzliche Verfahren steht mit dem für Zivilverfahren geforderten normalen Verfahrensgang nicht in Einklang, ist für die Parteien unzumutbar und läuft auf eine Rechtsverweigerung hinaus. Das Gericht verletzt den Justizgewährungsanspruch der Parteien gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, indem es das entscheidungsreife Verfahren nicht weiter betreibt und eine abschließende Entscheidung verweigert.
Gemäß § 310 Abs. 1 ZPO wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet. Dieser wird nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache dies erfordern.
Das Gericht hat diese gesetzliche Regelung mehrfach in eklatanter Weise verletzt. Bereits die erste Bestimmung des Verkündungstermins auf den 20.8.2009 verletzt diese Vorschrift, da der Verkündungstermin sieben Wochen nach der mündlichen Verhandlung bestimmt wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache die Überschreitung der 3-Wochen-Frist um vier Wochen rechfertigen könnten. Noch weniger ist begründbar, dass der Verkündungstermin anschließend stufenweise um weitere drei Monate verzögert...