Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsbeschwerde im Zwangsmittelverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Untätigkeitsbeschwerde ist analog §§ 567 ff. ZPO als außerordentlicher Rechtsbehelf zulässig, um einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und gegen Art. 13 EMRK zu vermeiden.
2. In einem der Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs zur Vorbereitung von Kindesunterhaltsansprüchen dienenden Zwangsmittelverfahren ist es nicht hinzunehmen, wenn das Gericht nach mehr als einem Jahr noch keine Entscheidung getroffen hat.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EMRK Art. 13; ZPO §§ 567 ff.
Verfahrensgang
AG Neumünster (Aktenzeichen 48 F 6/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wegen Untätigkeit wird das AG - Familiengericht - Neumünster angewiesen, das Zwangsmittelverfahren beschleunigt fortzuführen und zum Abschluss zu bringen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des Zwangsmittelverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin ist das minderjährige Kind des Antragsgegners.
Durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 19.12.2007 (15 UF 142/07) ist der Antragsgegner im Hinblick auf Unterhaltsansprüche der Antragstellerin im Einzelnen zur Auskunft über sein Einkommen für die Jahre 2003 bis 2005 verurteilt worden; auf den Tenor und die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
Unter dem 18.3.2008 hat die Antragstellerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes mit der Behauptung beantragt, der Antragsgegner habe entgegen dem Titel bisher weder eine systematische geordnete Aufstellung der Einkünfte noch die weitergehenden Belege vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 16.5.2008 hat die Antragstellerin ferner Prozesskostenhilfe beantragt.
Der Antragsgegner hat auf die von ihm bereits früher vorgelegten Unterlagen hingewiesen, hat weitere Unterlagen vorgelegt und die Auffassung vertreten, der Auskunftsanspruch sei erfüllt.
Das AG - Familiengericht - hat bis heute eine Entscheidung über den Zwangsgeldantrag nicht getroffen. Auf eine Sachstandsanfrage vom 29.9.2008 und Bitten um Verfahrensförderung vom 11.11.2008 und vom 23.12.2008 mit einer Fristsetzung bis zum 7.1.2009 ist die Sache zunächst im Jahre 2009 in einer anderen Abteilung unter einem neuen Aktenzeichen eingetragen und am 9.1.2009 der Antragstellerin PKH bewilligt worden. Ferner sind der Antragstellerin Auflagen betreffend ihren Antrag gemacht worden. Nachdem der Beklagte nochmals Unterlagen eingereicht hatte, hat das AG - Familiengericht - festgestellt, dass immer noch Nachweise fehlten und der Antragstellerin im März 2009 "vorsorglich" die Akte zur Einsichtnahme für 3 Tage wohl mit dem Ziel überreicht, dass sie prüft, was noch fehlt. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gaben die Akte mit dem Bemerken zurück, dass sie nicht in der Lage seien, innerhalb von 3 Tagen einen derartigen Anfall von Unterlagen, die unsortiert und unkomplett seien, durchzusehen und zu überprüfen. Man stelle fest, dass bis heute nicht alle Unterlagen vorliegen würden und dementsprechend auch keine geordnete Aufstellung, wie es einer Auskunftserteilung entspreche. Die Antragstellerin hat ferner exemplarisch auf Lücken bei den Belegen hingewiesen und das Gericht gebeten, nunmehr endgültig und abschließend binnen zwei Wochen eine Entscheidung zu treffen.
Nachdem das nicht geschehen ist, hat die Antragstellerin am 5.5.2009 die angekündigte Untätigkeitsbeschwerde erhoben.
Das AG - Familiengericht - hat der Beschwerde durch Beschluss vom 11.5.2009 nicht abgeholfen. Es hat dazu ausgeführt, dass die Sache zunächst im Dezernat einer Richterin eingetragen gewesen sei, die in Mutterschutz und Erziehungsurlaub gegangen sei. Das Dezernat sei von einem Richterkollegen übernommen worden, der Ende Dezember 2008 die Zuständigkeit eines anderen Dezernenten erkannt und mit dessen Zustimmung die Umtragung in dessen Dezernat mit der Vergabe eines neuen Aktenzeichens veranlasst habe. Sodann sei der Gläubigerin Prozesskostenhilfe gewährt worden. Der Vorwurf der gerichtlichen Untätigkeit sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die von der Antragstellerin gerügten wiederholten Rückfragen des Gerichts mit Rücksicht auf übersandte Unterlagen der Schuldnerseite zur begehrten Auskunft sachgerecht gewesen seien, da sie verpflichtet sei, ihren Vollstreckungsantrag entsprechend der erteilten Auskunft anzupassen und das Gericht hierzu Gelegenheit geben müsse.
Die Beschwerde ist zulässig.
Zwar ist das Rechtsmittelsystem der ZPO - auch im Vollstreckungsverfahren - so ausgestaltet, dass ein Rechtsmittel eine Entscheidung voraussetzt, die mit ihm angegriffen wird. An einer rechtsmittelfähigen Entscheidung des AG - Familiengericht - fehlt es bisher; die Verfügungen und Hinweise sind als verfahrensleitende Anordnungen von untergeordneter Bedeutung nicht isoliert, sondern allenfalls gemeinsam mit der das Verfahren im ersten Rechtszug beendenden Entscheidung anfechtbar (vgl. Zöller/Geimer/Vollkommer, 27. Aufl., Rz. 1, 44 ff. zu §...