Leitsatz (amtlich)
Die für eine Vorpfändung zur Vollstreckung eines Zahlungsurteils anfallende Gebühr nach VV RVG Nr. 3309 kann gemäß § 11 RVG durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt werden.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 12.01.2012; Aktenzeichen 83 M 4646/11) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten Rechtsanwälte D. und Koll. wird der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 12. Januar 2012 - 83 M 4646/11 - aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 23. September 2011 an das Amtsgericht Freiburg zurückverwiesen.
2.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Gläubigerin steht nach dem Versäumnisurteil des Landgerichts Freiburg vom 31. Mai 2010 - 12 O 67/10 - gegen den Schuldner u.a. ein Anspruch auf Zahlung von 35.160,16 EUR zu. Mit Schreiben vom 23. September 2011 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin die Festsetzung restlicher Gebühren für die Durchführung dreier Vorpfändungen (§ 845 ZPO) wegen des genannten Titels gemäß § 11 RVG gegen die eigene Partei. Mit Beschluss vom 12. Januar 2012 lehnte das Amtsgericht die Festsetzung ab, da es sich bei den entstandenen Kosten nicht um solche eines gerichtlichen Verfahrens handle.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin. Die Gläubigerin selbst hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die statthafte (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RVG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO), fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen (§ 567 Abs. 2 ZPO) zulässige Beschwerde hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg. Anders als das Amtsgericht ist das Beschwerdegericht der Auffassung, dass Kosten einer Vorpfändung bezüglich eines gerichtlichen Titels zu den nach § 11 RVG festsetzbaren Kosten eines gerichtlichen Verfahrens gehören. Hierfür sprechen systematische und teleologische Überlegungen.
§ 11 RVG ermöglicht es dem Rechtsanwalt, auf unkompliziertem Wege zu einem Titel über seine Honorarforderung gegen die eigene Partei zu gelangen. Für den Anwendungsbereich der Vorschrift hat sich der Gesetzgeber ersichtlich an demjenigen der Vorschriften des § 104 ZPO über die Kostenfestsetzung gegen die unterlegene Partei orientiert, an deren Stelle im Fall der Zwangsvollstreckung § 788 ZPO tritt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 - X ARZ 409/04 -, NJW 2005, S. 1273).
Die Kosten einer Vorpfändung können gegen den Schuldner jedoch nach § 788 Abs. 2 ZPO festgesetzt werden (vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 788 Rn. 6; siehe beispielhaft LG Bonn, Beschluss vom 9. September 2011 - 4 T 336/11 -, [...]). Wenn solche Kosten gegen den Gegner festgesetzt werden können, spricht dies nach der Systematik des Gesetzes für die Möglichkeit der Festsetzung auch gegen die eigene Partei. Dies erscheint auch zweckmäßig, zumal die Erhebung von Einwendungen nicht gebührenrechtlicher Art einer vereinfachten Festsetzung ohnehin entgegensteht (§ 11 Abs. 5 RVG).
In der Literatur wird zwar die Auffassung vertreten, dass die Festsetzbarkeit nach § 11 RVG davon abhänge, dass "ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht wird" ; der "bloße Pfändungsauftrag an den Gerichtsvollzieher" dürfe hingegen nicht ausreichend sein, da dem Gericht in diesem Fall die ausreichende Sachkenntnis fehle (vgl. Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 5. Auf. 2012, § 11 Rn. 16 Stichwort "Zwangsvollstreckung" unter Verweis auf BT-Drucksache 15/1971 S. 189). Falls damit gesagt sein soll, dass Kosten der Zwangsvollstreckung nur insoweit nach § 11 RVG festgesetzt werden sollen, als diese im Zusammenhang mit einer vollstreckungsgerichtlichen Vollstreckungshandlung stehen, kann das Beschwerdegericht dem jedoch nicht folgen. Aus § 788 Abs. 2 ZPO ergibt sich nämlich auch, dass der Gesetzgeber die von ihm auch im Rahmen des § 11 RVG vorausgesetzte Sachkunde (BT-Drucksache 15/1971 S. 189) beim Vollstreckungsgericht allgemein als gegeben annimmt.
Nachdem das Amtsgericht eine Entscheidung in der Sache bislang nicht getroffen hat, macht das Beschwerdegericht von der Möglichkeit der Zurückverweisung nach § 572 Abs. 3 ZPO Gebrauch.
Gerichtskosten entstehen im Beschwerdeverfahren nicht (Nr. 2121 KV GKG). Eine weitere Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO) liegen nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 4017585 |
JurBüro 2012, 442 |
AGS 2012, 340 |
HRA 2012, 11 |
NJW-Spezial 2012, 507 |
RENOpraxis 2012, 226 |
RVGreport 2012, 295 |
VE 2012, 199 |