Leitsatz (amtlich)
1. Der Aufgabenkreis des Betreuers "Wohnungsangelegenheiten" beinhaltet den Teilaufgabenbereich des "Zutritts zur Wohnung" durch ihn.
2. Der Aufgabenkreis "Zutritt zur Wohnung" bildet die Grundlage für eine gerichtliche Ermächtigung gemäß GG Art 13 Abs 2 zum zwangsweisen Eindringen in die Wohnung des Betreuten zu Kontrollzwecken bzw zum Zwecke der Entmüllung durch den Betreuer.
Tenor
1. Die Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Freiburg vom 30.11.1999 – 14 XVII 445/97 – wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde der Betroffenen gegen den vorgenannten Beschluß des Amtsgerichts Freiburg wird als unbegründet zurückgewiesen.
3. Das Beschwerdeverfahren ist hinsichtlich beider Beschwerden gerichtsgebührenfrei.
Gründe
A.
Die Betroffene leidet sei vielen Jahren an einem Sammeltrieb mit Verwahrlosungs- und Vermüllungstendenzen. Sie häuft u.a. in ihrer jeweiligen Wohnung verdorbene Lebensmittel und sonstigen Müll und Abfall teilweise bis zur Wohnungsdecke an, was zusammen mit ihrer körperlichen Verwahrlosung zu entsprechenden Geruchsbelästigungen ihrer Nachbarn führt. Das Verhalten der Betroffenen führte immer wieder zu Zwangsentrümpelungen und Zwangsräumungen ihrer jeweiligen Wohnung, ihrer Unterbringung im Obdachlosenheim und stationären Aufenthalten im Zentrum für Psychiatrie ....
Bei der letzten Zwangsräumung im Dezember fanden sich in Wohnung und Keller zahlreiche verdorbene und verschimmelte Lebensmittel, Einmachgläser mit undefinierbarem Inhalt, nach Angaben des Betreuers teilweise wohl Fäkalien, weil Toilette und Waschbecken nicht mehr benutzbar waren. Das Bad war mit zahlreichen versifften Gegenständen angefüllt, in der Badewanne lagerten Unmengen von gebrauchten Papierwindeln. Vor dem Fenster hing in einem Glas ein angefressener verfaulter Fisch. Es herrschte ein unbeschreiblicher bestialischer Geruch in der gesamten Wohnung. Bei Abschluß der Entsorgungsarbeiten war die von der Entrümpelungsfirma mitgebrachte große Schuttmulde total voll. Es hätte bei weiterer Entrümpelung eine neue Mulde angefordert werden müssen. Anschließend mußte aus seuchenhygienischen Gründen in der Wohnung eine Entwesung und Desinfektion durchgeführt werden.
Diese Zustände wiederholen sich seit Jahren. Im Oktober 1996 hatte der damalige Vereinsbetreuer anläßlich einer nach nur kurzer Nutzung der Wohnung erfolgten Zwangsräumung berichtet und darauf hingewiesen, daß sich in der Wohnung kleine Insekten und Ungeziefer fanden und der Geruch kaum zu ertragen war. Die wegen des Zustands gegen die Betroffene seinerzeit erhobene Schadensersatzklage des Vermieters wurde unter anderem damit begründet, daß aus der Wohnung und aus dem Kellerraum Verwesungsgerüche drangen. Die Betroffene habe verfaultes Obst, Knochenreste, Fisch und Käse gelagert. Lebensmittel unterschiedlichster Art seien im Kellerraum gelagert gewesen, zum Teil in festen Behältnissen, zum Teil Molkereiprodukte in Plastiktüten. Die Beklagte habe sich auch aus Mülleimern Dritter versorgt. Sie habe Hausmüll gesammelt, Obst, faule Früchte, faules Fleisch, Joghurt und alle anderen Milchprodukte seien offen in der Wohnung gelagert worden.
Bereits 1994 und 1996 war der Betroffenen anläßlich von Zwangsräumungen ein Betreuer bestellt worden. Die erste Betreuung wurde anschließend wieder aufgehoben, weil die Betroffene gewandelt und stabilisiert schien. Die Aufhebung der zweiten Betreuung erfolgte jedoch mit der Begründung, der Betroffenen könne mit den Mitteln der Betreuung nicht geholfen werden. Sie nehme diese Hilfeform nicht an und wehre sich so vehement dagegen, daß davon auszugehen sei, eine Betreuung schade ihr eher, als daß sie ihr helfe. Die einzige Möglichkeit, einer Verwahrlosung und Vermüllung vorzubeugen oder entgegenzuwirken, bestünde in einer regelmäßigen Reinigung der Wohnung, die jedoch gegen ihren erklärten Willen durchgeführt werden müßte. Das sei nur möglich, wenn dem Betreuer auch ein Recht zum Betreten gegen den Willen der Betroffenen zustünde. Ein derartiges Recht bestehe indessen nach der derzeitigen Rechtslage nicht (Beschluß des Vormundschaftsgerichts Freiburg vom 11.02.1997 – 14 XVII 291/96).
Die aktuell bestehende Betreuung ließ die damals anwaltlich vertretene Betroffene im November 1997 selbst beantragen unter Hinweis auf fünf in den Jahren 1994 bis 1996 anhängig gewesene Räumungsprozesse und offenbar unter dem Eindruck des vorgenannten, damals gerade anhängigen Schadensersatzverfahrens wegen im Zusammenhang mit Lebensmittelausdünstungen und Verunreinigungen an der Mietwohnung entstandener Schäden. Gegenüber der begutachtenden Ärztin des Gesundheitsamtes hat die Betroffene anschließend bestätigt, sie sei mit dem Antrag ihres Anwalts voll einverstanden. Sie brauche Hilfe und schaffe es nicht mehr alleine ihre Wohnung zu säubern. Früher habe sie sich deshalb hierbei nicht helfen lassen, da sie Fremde und Ausländer nicht in ihre Wohnung lasse. Jetzt sei die Situation anders, weil ihr Sohn die Betreuung übernehmen woll...