Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 09.09.1993; Aktenzeichen 2 C 2761/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 09.09.1993 – Aktenzeichen 2 C 2761/93 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
(ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
I.
Die Klägerin ist entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils nicht berechtigt, von den Beklagten die Entfernung des Hundes „Nana” der Rasse „Golden Retriever” aus der Mietwohnung zu verlangen und diesen zu untersagen, in der Mietwohnung einen Hund zu halten. Einer ausdrücklichen Gestattung der Haltung des Hundes „Nana” bedarf es vorliegend nicht, weswegen es einer Entscheidung über die von den Beklagten erhobenen Hilfswiderklage nicht bedarf. Dies ergibt sich aus folgendem:
1. Die Klausel des § 22 Ziff. 12 des zwischen den Parteien bestehenen Mietvertrages vom 17.12.1983 ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam und kann daher den Unterlassungsanspruch der Kläger nicht stützen. Diese Klausel lautet wie folgt:
„Das Halten von Hunden und anderen Tieren bedarf der schriftlichen Genehmigung des Vermieters.”
Ein Verstoß gegen § 9 AGB liegt in zweifacher Hinsicht vor.
a. Nach der Rechtsprechung des BGH verstößt die formularmäßige Vereinbarung der Schriftform für die Erlaubnis zur Untervermietung gegen § 9 AGBG, weil hierdurch der Eindruck erweckt wird, eine mündlich erteilte Erlaubnis sei unwirksam (vgl. BGH NJW 1991, 1750 f; so auch Landgericht Mannheim ZMR 1992, 545 f; Landgericht Düsseldorf WM 1993, 604). Dies folgt daraus, daß eine Schriftlichkeitsklausel dadurch außer Kraft gesetzt werden kann, daß die Vertragsschließenden deutlich zum Ausdruck bringen, eine mündlich getroffener Abrede solle ungeachtet dieser Klausel gelten, daß aber der Vermieter hieraus folgende begründete Ansprüche des Mieters abwehren könnte, indem er ihn unter Hinweis auf die in der Sache nicht zutreffende Darstellung der Rechtslage in seinem AGB von der Durchsetzung seiner Rechte abhält. Dies stellt eine Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben dar. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel kommt nicht in Betracht (vergleiche BGH, a.a.O.). Für die Frage der Tierhaltung kann insoweit aus rechtslogischen Gründen nichts anderes gelten wie für die Untervermietung (vergleiche Landgericht Mannheim, a.a.O.).
b. Die Klausel verstößt darüberhinaus gegen § 9 Abs. 1 AGBG, indem sie alle Tiere in den Genehmigungsvorbehalt einbezieht. Der Sache nach beinhaltet § 22 Nr. 12 des Mietvertrages ein Verbot jedweder Tierhaltung mit Genehmigungsvorbehalt. Unter die Klausel fallen auch Kleintiere wie Wellensittiche, Zierfische usw. Gegen deren Haltung kann jedoch unter nahezu keinem Gesichtspunkt ein sachlicher Einwand geltend gemacht werden (vergleiche BGH DBW 1993, 74/76). Ebenso verhält es sich bei einer Tierhaltung aus gesundheitlichen Gründen wie etwa bei einem Blindenhund (vergleiche OLG Frankfurt in WM 1992, 56 f/60). Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Klausel keinen Bestand haben.
2. Liegt somit eine wirksame mietvertragliche Klausel, die die Frage der Tierhaltung regelt, nicht vor, bestimmt sich deren Zulässigkeit nach allgemeinem Recht, vorliegend insbesondere nach der allgemeinen Verhaltensklausel in § 8 Nr. 1 des Mietvertrages und den Grundsätzen von Treu und Glauben. Hierbei kann vorliegend dahinstehen, ob mit einer verbreiteten Meinung davon auszugehen ist, daß die Haltung größerer Tiere, insbesondere von Hunden und Katzen, heute bereits allgemein zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört (so u.a. Amtsgericht Offenbach, ZMR 1986, 57 f; Landgericht Hildesheim BM 89, 9; Amtsgericht Friedberg WM 1993, 398 f). Jedenfalls erfordert die Zulässigkeitsprüfung der Hundehaltung eine Abwägung der wechselseitigen Belange im Einzelfall. Vorliegend handelt es sich um einen mittelgroßen Hund. Obwohl er sich seit nunmehr 2 1/2 Jahren in der Wohnung der Beklagten befindet, sind irgendwelche Störungen oder Belästigungen von Mitbewohnern des Hauses nicht vorgetragen und nach dem Vortrag der Beklagten auch nicht gegeben. Dieser Vortrag wird bestätigt durch die von ihnen vorgelegte Unterschriftenliste. Die Einwände der Klägerin, die selbst nicht im Hause wohnt, sind allgemeine Befürchtungen, insbesondere in hygienischer Hinsicht, die sich bislang in keiner Weise bestätigt haben. Die Sorge, auch andere Mieter könnten sich einen Hund anschaffen, rechtfertigt die Untersagung der Haltung des Hundes „Nana” nicht, zumal in jedem einzelnen derartigen Fall eine individuelle Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien zu erfolgen hat. Nachdem jedoch Gründe von Belang gegen die Haltung des Hundes „Nana” weder ersichtlich noch dargetan sind, verdienen vorliegend die Interessen der Beklagten den Vorrang. H...