Leitsatz (amtlich)

1. Eine das Einspruchsrecht der "spielleitenden Stelle" eines Fußballverbandes gegen Spielwertungen regelnde Bestimmung muss als verfahrensrechtlich notwendiger Bestandteil des verbandsrechtlichen Strafvorschriftensystems so bestimmt formuliert sein, dass sich die gewollten Rechtsfolgen (hier insbesondere die Einspruchsfrist) unmissverständlich aus ihr heraus ergeben.

2. Zivilgerichtlich angefochtene Vereinsmaßnahmen (hier: Spielwertungen) können klarstellend aufgehoben bzw. angeordnet werden, wenn sich diese Maßnahmen unmittelbar aus der Vereinssatzung bzw. den dazu erlassenen Verfahrensordnungen ergeben.

 

Nachgehend

OLG Karlsruhe (Urteil vom 08.11.2012; Aktenzeichen 9 U 97/12)

 

Tenor

  • 1.

    Das Urteil des Bezirksportgerichts des Bezirks B. des Beklagten, Nr. 00372-11/12-BSGB/HRB vom 01.12.2011, mit dem die Verbandsspiele Fußball Herren Bezirksliga B. Saison 2011/2012

    • -

      vom 03.09.2011, FC RW S. - FV W./R.,

    • -

      vom 11.09.2011, SG T. - FC RW S.,

    • -

      vom 14.10.2011, FC RW S. - SV D.,

    • -

      vom 23.10.2011, SV O. - FC RW S.,

    • -

      vom 05.11.2011, FC RW S. - SC G.,

    • -

      vom 13.11.2011, TSV A. - FC RW S.,

    für den Kläger mit 0:3 Toren und 0 Punkten als verloren und für den jeweiligen Gegner mit 3:0 Toren und 3 Punkten als gewonnen gewertet wurden,

    sowie das Urteil des Verbandsgerichts des Beklagten vom 31.12.2011, Az.: 31-2011/2012 , mit dem die Berufung gegen das Urteil Nr. 00372-11/12-BSGB/HRB vom 01.12.2011 zurückgewiesen wurde,

    werden aufgehoben.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass der Einspruch der spielleitenden Behörde des Bezirks B. des Beklagten gegen die Wertung der genannten Spiele auf Grund des Einsatzes des Spielers W. unzulässig ist und daher nicht zu einem Punktabzug durch den Beklagten führen kann.

  • 3.

    Der Beklagte wird verurteilt, die Verbandsspiele Fußball Herren Bezirksliga B. Saison 2011/2012 wie folgt zu werten:

    • -

      03.09.2011, FC RW S. - FV W., 3:1 Tore, 3 Punkte für S.;

    • -

      11.09.2011, SG T. - FC RW S., 0:3 Tore, 3 Punkte für S.;

    • -

      14.10.2011, FC RW S. - SV D., 3:0 Tore, 3 Punkte für S.;

    • -

      23.10.2011, SV O. - FC RW S., 0:0 Tore, 1 Punkt für S.;

    • -

      05.11.2011, FC RW S. - SC G., 3:0 Tore, 3 Punkte für S.;

    • -

      13.11.2011, TSV A. - FC RW S., 2:1 Tore, 0 Punkte für S..

  • 4.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 144,50 EUR zu bezahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2012.

  • 5.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • 6.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000 EUR vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der klagende Fußballverein begehrt von dem beklagten Fußballverband die Änderung mehrerer Spielwertungen.

Der Kläger ist Mitglied des Beklagten, welcher eine Vereinigung der den Fußballsport betreibenden Vereine S. ist. Für beide Parteien gilt die Satzung des Beklagten sowie die dazu unter anderem erlassene Spielordnung (SpO) und die Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO).

§ 17 Ziff. 2 g) der Satzung des Beklagten (nachfolgend VS) verpflichtet die in ihm organisierten "den Fußballsport betreibenden Vereine S." (§ 1 Ziff. 1 VS)

in allen aus der Mitgliedschaft zum Verband erwachsenden Rechtsangelegenheiten ausschließlich die bestehenden Organe nach Maßgabe der in der Rechts- und Verfahrensordnung hierfür festgelegten Bestimmungen zur Entscheidung anzurufen und sich deren Entscheidung zu unterwerfen. Vor Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs ist der Verbandspräsident zu unterrichten.

In § 54 VS wird unter der Überschrift "Strafbestimmungen" unter anderem geregelt:

1. Verstöße gegen die Satzung oder die Ordnungen werden nach Maßgabe der Rechts- und Verfahrensordnung bestraft.

2. Folgende Strafen sind zulässig:

a) ...

b) Geldstrafen oder Geldbußen gegen Vereinsmitglieder, Anhänger, Schiedsrichter, Trainer und Betreuer sowie Vereine bis zu EUR 10.000,00,

c) ...

d) ...

e) ...

f) Spielverlust,

g) Punktabzug,

...

In der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO) des Beklagten regelt § 15 den Einspruch wie folgt:

1. Gegen die Wertung eines vom Verband angesetzten Spiels können die an diesem Spiel beteiligten Vereine Einspruch erheben. Sämtliche Einspruchsgründe müssen innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemacht sein, andernfalls können sie keine Berücksichtigung finden.

2. Ein Einspruch kann mit folgender Begründung erhoben werden:

a) Mitwirkung eines nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers bei der gegnerischen Mannschaft. Der Spieler ist namentlich zu bezeichnen.

b) ...

c) ...

3. Der Einspruch ist beim Vorsitzenden des Sportgerichts einzulegen. Die Bestimmungen des § 14 Ziffer 2 und 3 gelten entsprechend. Bei Pokal-, Aufstiegs- und Abstiegs-, Relegations- sowie Entscheidungsspielen beträgt die Einspruchsfrist jedoch nur zwei Tage. Die Einspruchsfrist beginnt am Tag nach dem Spiel.

4. In den Fällen der Ziffer 2 a steht das Recht des Einspruchs auch der spielleitenden Stelle nach Rücksprache mit dem zuständigen Staffelleiter innerhalb der Verjährungsfrist zu. § 14 Ziffer 3 findet in diesem Fall keine Anwendung.

Die in Bezug genommenen Ziffern des § 14 RuVO, welcher die Berufung regelt, lauten:

1....

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