Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit von Strafbestimmungen in Statuten eines Fußballverbands

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sportliche Regeln eines Fußballverbands, die die Einsatzberechtigung eines Spielers vom förmlichen Nachweis seiner materiellen Spielberechtigung abhängig machen und dessen Einsatz bei unzureichendem Nachweis (hier: nicht unterschriebener Spielerpass) mit Geldstrafe und Spielverlust sanktionieren, sind im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Sanktionen sind aber dann nicht angemessen, wenn der eingesetzte Spieler materiell spielberechtigt war und seine fehlende Einsatzberechtigung vor dem Spiel nicht beanstandet wurde. Eine zwingende Strafbestimmung, die weder Ausnahmen zulässt noch einen Ermessensspielraum der Sportgerichte vorsieht, ist deshalb insoweit unwirksam, als sie auch diesen Fall erfasst.

2. Die staatlichen Gerichte können sportgerichtliche Entscheidungen eines Verbands grundsätzlich nicht aufheben oder abändern, sondern nur deren Unwirksamkeit feststellen.

 

Normenkette

BGB § 25

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 15.05.2012; Aktenzeichen 14 O 46/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Freiburg vom 15.5.2012 - 14 O 46/12 - wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksportgerichts des Bezirks ... des Beklagten vom 1.12.2011 (Az. 00372-11/12-BSGB/HRB) und das Urteil des Verbandsgerichts des Beklagten vom 31.12.2011 (Az.: 31-2011/2012) unwirksam sind. Im Übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der klagende Fußballverein wendet sich gegen sportgerichtliche Entscheidungen des beklagten Verbands, durch die eine Geldstrafe i.H.v. 50 EUR verhängt und sechs Bezirksliga-Spiele seiner ersten Herrenmannschaft mit null zu drei Toren als verloren gewertet wurden, weil der dort eingesetzte Spieler W. seinen Spielerpass nicht unterschrieben hatte.

Das LG, auf dessen - in SpuRt 2012, 212 ff. veröffentlichtes - Urteil gem. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Bezug genommen wird, hat die angegriffenen Urteile des Bezirkssportgerichts und des Verbandsgerichts antragsgemäß aufgehoben und den Beklagten verurteilt, die sechs Spiele ihrem tatsächlichen Ergebnis entsprechend zu werten sowie die verhängte Geldstrafe und die Verfahrensgebühren zurückzuerstatten. Statt der weiter beantragten Feststellung, dass der Kläger keine Strafe mit der Folge eines Punktabzugs verwirkt hat, hat es außerdem festgestellt, dass der Einspruch gegen die Wertung der Spiele unzulässig ist und daher nicht zu einem Punktabzug führen kann. Zur Begründung hat es ausgeführt, der von der spielleitenden Stelle des Beklagten erhobene Einspruch sei verspätet und damit unzulässig gewesen, weil § 15 Ziff. 4 der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO) des Beklagten dahin auszulegen sei, dass die einwöchige Einspruchsfrist für Vereine (§§ 15 Ziff. 3, 14 Ziff. 2 RuVO) auch für den Einspruch der spielleitenden Stelle gelte. Die Spielwertungen der Sportgerichte seien deshalb zu Unrecht erfolgt und zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit aufzuheben. Auch die weitere Verurteilung sei zur Klarstellung und wegen der besonderen Bedeutung der Spielwertungen erforderlich, wobei der Feststellungsantrag dem Rechtschutzinteresse des Klägers entsprechend auszulegen und neu zu formulieren sei.

Mit der Berufung will der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen. Er macht geltend, das LG habe § 15 Ziff. 4 RuVO falsch ausgelegt. Die Regelung bringe klar zum Ausdruck, dass die spielleitende Stelle innerhalb der Verjährungsfrist Einspruch einlegen könne. Sie sei deshalb auch von anderen Kammern des LG in diesem Sinn verstanden worden. Zudem habe der Kläger die Unzulässigkeit des Einspruchs weder gerügt noch deren Feststellung beantragt.

Der Beklagte beantragt:

1. Auf die Berufung wird das Urteil des LG Freiburg vom 15.5.2012 aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise festzustellen, dass das Urteil des Bezirksportgerichts des Bezirks ... des Beklagten vom 1.12.2011 und das Urteil des Verbandsgerichts des Beklagten vom 31.12.2011 unwirksam sind.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Dabei weist er insbesondere darauf hin, dass er die Einlegung des Einspruchs in mündlicher Verhandlung bestritten habe und der Feststellungsausspruch des LG seinem Rechtsschutzinteresse entspreche. Außerdem bestreitet er, dass der Einspruch - wie in § 15 Ziff. 4 RuVO vorgesehen - nach Rücksprache mit dem zuständigen Staffelleiter eingelegt wurde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift vom 25.10.2009 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat nur insoweit Erfolg, als die angefoch...

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