Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs
Orientierungssatz
1. Bei vorgetäuschtem Eigenbedarf ist der Vermieter dem Mieter schadenersatzpflichtig.
2. Für den Mieter ist es nicht zumutbar, wegen der Kündigung zu prozessieren, wenn der Fortbestand des Eigenbedarfs ernstlich behauptet wird.
Tatbestand
I.
Der Kläger macht im vorliegenden Rechtsstreit Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt DM 1.716,30 für Renovierungskosten und Umzugskosten, Kosten einer Raumpflegerin und Maklerkosten wegen einer Wohnraumkündigung des Beklagten wegen angeblich fingierten Eigenbedarfs geltend. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, die Tochter des Beklagten habe entgegen dessen Behauptung mit ihrer Familie nicht gerade die Wohnung des Klägers benötigt. Zudem habe der Beklagte auch noch nach dem Wegzug seiner Tochter nach ... für diese Eigenbedarf geltend gemacht. Daß dieser nur vorgetäuscht gewesen sei, habe sich letztlich darin gezeigt, daß der Beklagte nach dem Auszug des Klägers im August 1973 dessen Wohnung als Büroräume weitervermietet habe. Der Beklagte sei daher dem Kläger für die bei seinem Umzug entstandenen Unkosten schadensersatzpflichtig.
Demgegenüber hat der Beklagte seinen Eigenbedarf für seine Tochter und deren Familie bekräftigt und behauptet, diese sei von ... weggezogen, weil der Kläger seine Wohnung nicht geräumt habe. Nach dem Abschluß des Studiums seiner Tochter werde diese wieder nach ... zurückkehren, weshalb er die frühere Wohnung des Klägers einem bereits in seinem Anwesen untergebrachten Unternehmen lediglich jederzeit widerruflich überlassen habe. Im übrigen habe der Kläger die Wohnung nicht wegen des von ihm geltend gemachten Eigenbedarfs verlassen, wie dessen Schreiben vom 4.3.1974 und 16.8.1974 bewiesen. Ferner hat der Beklagte die Klageforderung auch der Höhe nach bestritten und hilfsweise mit einer Gegenforderung in Höhe von DM 243,93 wegen restlicher Nebenkosten aufgerechnet. Von diesen Nebenkosten hat der Kläger lediglich DM 48,-- anerkannt und mit einer eigenen Forderung in Höhe von DM 124,62 seinerseits aufgerechnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die Sitzungsniederschriften des Amtsgerichts verwiesen.
II.
Mit Urteil vom 14.10.1976 hat das Amtsgericht Freiburg i Br die Klage abgewiesen. Dabei hat es die Ursächlichkeit zwischen der Eigenbedarfskündigung des Beklagten und dem Wohnungsauszug des Klägers verneint, da dieser von dem Wegzug der Tochter des Beklagten gewußt habe. Damit habe er seinen Widerspruch gegen die Kündigung aufgegeben und in die Beendigung des Mietverhältnisses eingewilligt. Selbst wenn die Eigenbedarfskündigung des Beklagten unwirksam gewesen sei, müsse jedenfalls von einer einverständlichen Mietvertragsaufhebung ausgegangen werden. Zudem könne sich der Kläger nicht nachträglich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen, nachdem er zuvor nicht die Möglichkeit einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung wahrgenommen habe.
III.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit welcher er unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts angreift.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Freiburg i Br aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 1.716,30 nebst 4% Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Er schließt sich der Argumentation des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung an und wiederholt ebenfalls im wesentlichen sein Vorbringen aus der ersten Instanz.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
1. Der Kläger stützt den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf den vom Beklagten mit seinen Kündigungsschreiben vom 30.10. und 13.11.1973 angeblich vorgetäuschten Kündigungsgrund des Eigenbedarfs und somit rechtlich auf eine positive Vertragsverletzung (BGHZ 51, 190, 193 und in NJW 1967, 248; Sternel in MDR 1976, 265; Schmidt-Futterer, WKSchG, 2. Auflage, B 479). Entgegen der in der angefochtenen Entscheidung und auch unter anderem vom OLG Karlsruhe - Die Justiz 1976, 126 - vertretenen Auffassung ist das Recht des Klägers, sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung zu berufen, nicht dadurch weggefallen, daß er sich nicht vom Beklagten auf Räumung hat verklagen lassen oder seinerseits negative Feststellungsklage erhoben hat; denn hat der Beklagte den Eigenbedarf tatsächlich vorgetäuscht, kann dieser mit Rücksicht auf seine Vertragswidrigkeit den Schuldner nicht mit Erfolg darauf verweisen, dieser sei rechtlich zum Auszug gar nicht verpflichtet gewesen. Dieser Einwand wäre vielmehr rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB). Die Kammer vermag der angefochtenen Entscheidung auch darin nicht zu folgen, daß die...