Leitsatz (amtlich)
Der Tatbestand der Volksverhetzung ist auch erfüllt, wenn durch eine Plakataktion im Internet aus Afrika stammende und in Deutschland lebende Menschen mit dunkler Hautfarbe als nutzlos, verachtenswert und minderwertig dargestellt werden (im Anschluss an OLG Stuttgart NStZ 2010, 453).
Normenkette
StGB § 130 Abs. 2 Nr. 1; StBG § 130 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Staufen (Entscheidung vom 30.07.2009) |
Tenor
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Staufen vom 30.07.2009 aufgehoben.
Der Angeklagte wird wegen Volksverhetzung zu einer
Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 25,-- Euro
verurteilt. Ihm wird gestattet, diese Strafe in Monatsraten zu je 200,-- Euro zu bezahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn er mit mehr als einer Rate in Verzug gerät.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts S. vom 30.07.2009 wurde der Angeklagte vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung ein. Das Rechtsmittel hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils.
II.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Strafkammer in der Berufungshauptverhandlung folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte (wird ausgeführt).
III. Vorgeschichte der Tat.
Seit dem 17.03.2008 sind im Internet Veröffentlichungen zu finden, in denen der Angeklagte unter Bezugnahme auf eingestellte Farblichtbilder von der "Autonomen Antifa Freiburg" unter anderem als "Nazi-Referent" und "Unternehmens-Nazi" präsentiert wird, so unter den Webseiten www.autonome-antifa.org,www.unternehmensnazi.de,http://de.indymedia.org, www.stattweb.de u.a. Unter dem Namen eines NPD-Funktionärs namens J. B. hatte eine nicht ermittelte Person im November 2007 per E-Mail Kontakt zum Angeklagten aufgenommen und sich in mehreren E-Mails, die jeweils vom Angeklagten beantwortet wurden, mit diesem über eine Neustrukturierung eines schlagkräftigen Kreisverbands ausgetauscht. Schließlich lud er den Angeklagten ein, am 16.03.2008 in einem Gasthaus in Fessenheim/Frankreich vor elsässischen Kameraden einen Vortrag zum Thema "Heuschrecken-Kapitalismus" zu halten. Der Angeklagte entwarf dazu ein entsprechendes Einladungsplakat und fand sich am 16.03.2008 am verabredeten Ort in Fessenheim ein, wo er niemanden antraf und wo auch in dem entsprechenden Gasthaus niemand etwas von einer Vortragsveranstaltung wusste. Vielmehr wurde er dort von im Umkreis versteckten Mitgliedernder Antifa fotografiert.
Am 31.03.2008 erstattete der Angeklagte Strafanzeige gegen die Antifa Freiburg und die Betreiber der Internetseiten; mangels Ermittlung eines Tatverdächtigen wurde das Verfahren am 13.05.2008 von der Staatsanwaltschaft Freiburg eingestellt.
In der Nacht zum 14.11.2008 besprühten unbekannte Täter der Autonomen Antifa Markgräflerland mit nicht wasserlöslicher Farbe (pink, rot, weiß, grün) das Rathaus und die Fahrbahnoberfläche mehrerer Gemeindestraßen in B., dem Wohnort des Angeklagten, mit folgenden aufgesprühten Schriftzügen: "X. Y. - Nazi",
"Hier plant X. Y. das 4. Reich!",
"X. Y. Nationalsozialist! K-Straße"
"Fuck the naziscum!
Fuck capitalism! "
"Fuck Nazis!"
Die Schriftzüge waren jeweils mit einem Richtungspfeil versehen, der - beginnend vom Rathaus der Gemeinde - zum Wohnanwesen des Angeklagten führte. Im Internet wurde auf den oben angegebenen Webseiten ausführlich über diese Aktion berichtet. Da die Täter nicht ermittelt werden konnten, wurde das Verfahren am 09.03.2009 von der Staatsanwaltschaft Freiburg eingestellt.
Das Tatgeschehen.
Der Angeklagte verbreitete seit dem Jahre 2004 unter Verwendung des Pseudonyms "W. R." rund 700 Plakatmotive auf dem so genannten "Thiazi-Forum" ( http://forum.thiazi.net ) im Internet, die er selbst als "Neue Nationalistische Plakatkunst" (NNPK) bezeichnete, darunter die nachfolgenden 5 Plakatmotive, die im Sommer 2010 immer noch im Internet eingestellt waren:
1.
"Nazi-Anschlag! Warum müssen BRD-Soldaten nach Afrika?" eingestellt im Thiazi-Forum am 04.06.2006
2.
"Völkermord - Das Konzept: Rassen-Import" eingestellt im Thiazi-Forum am 14.01.2007
3.
"Gut-Mensch! Kennst Du schon den Verlobten Deiner Tochter? Gratulation!" eingestellt im Thiazi-Forum am 03.02.2008
4.
"Gut-Mensch! Brauchst Du nicht einen echten Schwarzen? Der Deine Lebensinteressen vertritt! Ja! Endlich!" eingestellt im Thiazi-Forum am 04.02.2008
5.
"Stell Dir vor... Deine Tochter führt Dir ihren Verlobten vor" (eingestellt auf der Slideshowseite des Herausgebers ohne feststellbares Datum in der Zeit vor März 2009
Diese Veröffentlichungen waren für die Teilnehmer und Besucher des Thiazi-Forums jeweils frei zugänglich. Dabei war sich der Angeklagte bewusst, dass ein Großteil der rund 700 Plakatmotive auf den durchschnittlichen Betrachter geschmacklos und überzeichnet wirkte. Mit den letztgenannten 5 Plakatmotiven wollte der Angeklagte Menschen schwarzer Hautfarbe böswillig verächtlich machen und zum Hass gegen ...