Leitsatz (amtlich)
Der Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung nach § 4 Abs. 3 Satz 2 InsVV ist gerechtfertigt, wenn keine auskunftsbereite und auskunftsfähige Geschäftsleitung vorhanden ist, die den Insolvenzverwalter mit ausreichenden Informationen versorgt.
Normenkette
InsVV § 4 Abs. 3 S. 2
Gründe
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschl. v. 1.3.2001, mit dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet wurde, zum Insolvenzverwalter bestellt. Zuvor hatte er bereits das Amt des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgeübt.
Am 24.11.2010 erstattete der Insolvenzverwalter den Schlussbericht, legte Schlussrechnung und beantragte die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung.
Der Insolvenzverwalter hat neben einer Berufshaftpflichtversicherung als Rechtsanwalt, die das Risiko in einzelnen Insolvenzverfahren, die im Rahmen anwaltlicher Tätigkeit abgewickelt werden, deckt, eine weitere Haftpflichtversicherung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter abgeschlossen. Diese deckt ohne Einschränkungen Schäden für unbenannte Verfahren von der Bestellung zum vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter an ab, die im Rahmen der Tätigkeit für das Verfahren entstehen können. Die Deckungssumme beträgt 500.000 EUR pro Versicherungsfall.
Für das vorliegende Verfahren hat der Insolvenzverwalter eine zusätzliche Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von 255.646 EUR (beim Abschluss noch 500.000 DM) abgeschlossen. Die Prämien hat der Insolvenzverwalter vorab der Masse entnommen.
Nachdem das AG die Entnahme der Prämien für die zusätzliche Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung aus der Masse in einem Prüfungsvermerk v. 24.10.2011 beanstandet und die Erstattung der entnommenen Beträge zur Masse angeordnet hatte, beantragte der Insolvenzverwalter am 19.8.2011 die Kosten der separaten Haftpflichtversicherung als besondere Auslagen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 InsVV festzusetzen.
Mit Beschl. v. 24.10.2011 setzte das AG die Vergütung des Insolvenzverwalters in der beantragten Höhe fest, wies jedoch den Antrag auf Festsetzung der Auslagen für den Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 InsVV zurück, weil die Notwendigkeit einer solchen zusätzlichen Versicherung nicht bestanden habe.
Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Insolvenzverwalters.
Die sofortige Beschwerde, der das AG mit Beschl. v. 22.11.2011 nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 6 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO).
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg.
Der Abschluss der zusätzlichen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung durch den Insolvenzverwalter war gerechtfertigt.
Gem. § 4 Abs. 3 InsVV sind mit der Vergütung des Insolvenzverwalters auch die Kosten einer Haftpflichtversicherung abgegolten. Ist die Verwaltung jedoch mit einem besonderen Haftungsrisiko verbunden, so sind die Kosten einer angemessenen zusätzlichen Versicherung als Auslagen zu erstatten.
In Literatur und Rechtsprechung wird das Vorhandensein eines besonderen Haftungsrisikos, das den Abschluss einer zusätzlichen Versicherung rechtfertigt, lediglich für den Fall der Unternehmensfortführung erörtert (vgl. z.B. Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 4 Rn. 79; BGHZ 159, 104 zum Haftungsrisiko).
Entscheidend ist abzustellen auf den Unterschied zwischen den bereits allgemein versicherten und abschätzbaren Risiken eines Normalverfahrens, die durch die allgemeine Haftpflichtversicherung abgedeckt sind und den besonderen des konkreten Verfahrens (Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., § 4 Rn. 81), wobei es als sachgerecht angesehen wird, nicht auf ein durchschnittliches Verfahren, sondern auf durchschnittliche Haftungsrisiken abzustellen (MünchKomm-InsO/Nowak, § 4 InsVV Rn. 18).
Vorliegend bestanden Haftungsrisiken, die über die abschätzbaren Risiken eines Normalverfahrens deutlich hinausgingen.
Eine deutliche Abweichung von einem Normalverfahren ist zunächst darin zu sehen, dass keine Geschäftsleitung vorhanden war, die dazu in der Lage oder bereit war, den Insolvenzverwalter mit ausreichenden Informationen über die Geschäftsvorgänge zu versorgen. Es war ein Abwicklungsgeschäftsführer bestellt worden, dessen einzige Aufgabe offensichtlich darin bestand, nach der Übernahme der Anteile an der Gesellschaft einen Insolvenzantrag zu stellen. Geschäftsunterlagen war beiseitegeschafft worden. Bei seiner Vernehmung durch das AG hatte der Geschäftsführer angegeben, keinen Zugriff auf irgendwelche Vermögensgegenstände gehabt zu haben, wobei das AG darauf hingewiesen hatte, dass erhebliche Zweifel an weiten Teilen seiner Aussage bestehen und z.T. gegenteilige Erkenntnisse vorliegen. Der frühere Geschäftsführer verweigerte die Zusammenarbeit mit dem Gericht und dem Verwalter und gab Informationen nur bruchstückhaft. Das AG sah sich schließlich veranlasst, bzgl. der Aussagen der Geschäftsführer und eines Zeugen, Strafanzeige zu erstatten, wobei es nicht nur um Aussagedelikte, sondern auch um betrügerischen Bankrott ging. Dem Verwalter standen lediglich einzelne Ausd...