Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Mietverhältnisses mit Verlängerungsklausel
Orientierungssatz
Wohnraummietverhältnisse mit Verlängerungsklausel sind gem BGB § 565a wie kündbare Mietverhältnisse zu behandeln, bei denen die Kündigung während der vertraglich vereinbarten Zeit ausgeschlossen ist. Der Vermieter, der eine Fortsetzung des Mietverhältnisses über die vertraglich vereinbarte Zeit ablehnt, muß seine Kündigung durch den Nachweis eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses unter Beweis stellen.
Tatbestand
... innerhalb der in Art 2 des 2. Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum bestimmten Frist von 2 Monaten keine schriftliche Erklärung abgegeben, mit der sie die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt hätten. § 564b BGB könne nicht Anwendung finden, da es sich um ein befristetes Mietverhältnis handele. Selbst wenn man die Anwendbarkeit dieser Bestimmung unterstelle, sei die ausgesprochene Kündigung wirksam, weil sich die Beklagten nicht unerhebliche Vertragsverletzungen im Sinne von § 564b Abs 2 Nr 1 BGB hätten zuschulden kommen lassen. Als er, der Kläger, Anfang 1975 von den Mietern des Hauses eine berechtigte Anhebung der Nebenkostenpauschale verlangt habe, hätten die Beklagten die Bildung einer Organisation der Hausbewohner versucht und die Mieter angestiftet, einen gemeinsamen Mietstreik zu veranstalten. Hausbewohner, die sich dem widersetzt hätten, seien unter Druck gesetzt worden. So habe der Beklagte die Zeugin R. beschimpft, weil sie sich an dem Streik nicht habe beteiligen wollen. Obwohl sie den Beklagten aus der Wohnung gewiesen habe, sei dieser am 2.3.1975 erneut in ihre Wohnung gekommen. Die Zeugin R. habe sich in ihrer persönlichen Freiheit eingeengt gefühlt.
Der Kläger hat beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Gießen vom 6.8.1975 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten haben beantragt, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Gießen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, § 564b BGB sei auf ein befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel anzuwenden. Dem Kläger stehe ein Recht auf Kündigung nicht zu. Es sei lediglich richtig, daß der Beklagte zu 1) 2-mal mit Frau R. über die mietvertraglich nicht berechtigte Erhöhung der Nebenkostenpauschale diskutiert habe. Beim 2. Gespräch habe ihm Frau R. bedeutet, sie werde sich an keinerlei Initiativen beteiligen. Das sei für ihn Veranlassung gewesen, in dieser Sache keine weiteren Erörterungen mit der Zeugin zu führen.
Mit Urteil vom 5.11.1975 hat das Amtsgericht Gießen sein Versäumnisurteil vom 6.8.1975 aufrechterhalten und den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30.11.1975 gewährt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das am 24.11.1975 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am 26.11.1975 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 5.12.1975 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie vertreten weiterhin die Auffassung, daß das Mietverhältnis unter den Voraussetzungen des § 564b BGB habe gekündigt werden müssen. Sie bestreiten, die Mieterin R. jemals beschimpft zu haben und in ihre Wohnung gegangen zu sein.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 5.11.1975 sowie das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Gießen vom 6.8.1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt sein Vorbringen 1. Instanz. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung und der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 2.12.1975 und 8.1.1976 sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.12.1975 Bezug genommen.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 10.2.1976 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil sich die Parteien nach seiner Meinung außergerichtlich über die Beendigung des Mietverhältnisses zum 15.7.1976 geeinigt hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Trotz der in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 10.2.1976 enthaltenen Erledigungserklärung ist mit der Berufung über den Klageantrag auf Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Mieträume zu entscheiden. Die nachträglich abgegebene Erledigungserklärung entfaltet keine Wirkungen, weil sie nicht spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.1.1976 abgegeben und weil demzufolge kein entsprechender Antrag des Klägers gestellt worden ist.
Es besteht keine Veranlassung, wegen der nachträglich nur von dem Kläger abgegebenen Erledigungserklärung erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
Die Beklagten sind zur Räumung und Herausgabe der vom Kläger gemieteten Wohnung nicht verpflichtet.
Die Kündigung des Klägers vom 4.3.1975 hat nicht zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses geführt. Sie ist unwirksam, weil sie nicht den Anforderungen de...