Verfahrensgang
AG Gießen (Urteil vom 08.05.2001; Aktenzeichen 44 C 2278/00) |
Tenor
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 19.12.2001 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der im Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 8.5.2001 genannte Zinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz auf 4 % abgeändert wird.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten der Berufung zu tragen.
Gründe
Der form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil der Kammer vom 19.12.2001 ist im wesentlichen unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber mit Ausnahme der Höhe der Zinsforderung unbegründet.
Das über die Klage ergangene Teilurteil ist zulässig. Zwar betreffen die Klage und die Widerklage, die gemäß § 261 Abs. 2 ZPO gegenüber der Klägerin durch die Antragstellung (vgl. Zöller-Greger, § 261 ZPO, Rn. 6) im Termin vom 28.6.2001 rechtshängig geworden ist, denselben Gegenstand, so dass grundsätzlich eine einheitliche – widerspruchsfreie – Entscheidung notwendig ist und ein Teilurteil nicht erlaubt ist (BGH, NJW 1991, 570 und MDR 1997, 593; OLG Frankfurt, MDR 1983, 498). Mit ihrer Teilklage verlangt die Klägerin, nachdem sie und ihr Ehemann der Beklagten den Auftrag nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B entzogen haben, unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes Rückzahlung von Teilen der geleisteten Raten (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 VOB/B). Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, setzt dieser Anspruch voraus, dass die Klägerin und ihr Ehemann den Auftrag wegen Verzuges der Beklagten mit der Fertigstellung bzw. nicht fristgerechter Mängelbeseitigung (§ 5 Nr. 4 VOB/B) oder wegen Unzumutbarkeit der Vertragsdurchführung aus sonstigen Gründen wirksam gekündigt haben und die bisher erbrachten Leistungen, jedenfalls zum entsprechenden Teil, wertlos sind. Hingegen ist die Widerklage auf weiteren Werklohn dann, begründet, wenn der Klägerin und ihrem Ehemann als Auftraggeber ein wichtiger Grund zur Kündigung nicht zustand, so dass die Beklagte die vereinbarte restliche Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen beanspruchen könnte (§ 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B). Entsprechende Rechtsfolgen leiten sich für die Auftraggeberseite aus §§ 634, 636 BGB und für den Unternehmer aus § 649 BGB her, falls die VOB/B nicht wirksam vereinbart wurde. Die auf Rückgewähr der Raten gerichtete Klage und die auf Zahlung weiterer Vergütung gerichtete Widerklage betreffen denselben Vertrag und hängen von der Berechtigung bzw. Nichtberechtigung der Klägerin und ihres Ehemanns zur außerordentlichen Kündigung, als Vorfrage ab.
Die erhobene Widerklage hindert jedoch unter dem Gesichtspunkt der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen den Erlass des Teilurteils im vorliegenden Fall nicht. Dabei kann dahinstehen, ob ein Teilurteil über den Klageanspruch trotz erhobener Widerklage schon dann ergehen darf, wenn die Widerklage auf Vortrag beruht, der bei der Entscheidung über den Klageanspruch als verspätet zurückzuweisen wäre, wenn die Widerklage nicht erhoben worden wäre (vgl. LG Berlin, MDR 1983, 63; Gounalakis, MDR 1997, 216 [220]; Mertins, DRiZ 1985, 344 [347]); Münchener Kommentar-Prütting, § 296 ZPO, Rn. 109; a. A. BGH, NJW 1986, 2257; Zöller-Vollkommer, § 33 ZPO, Rn. 9 jeweils m. w. N.). Vorliegend steht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen dem Erlass des Teilurteils jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil die Widerklage rechtsmissbräuchlich erhoben wurde (vgl. Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 296 ZPO, Rn. 49 und 51 „Widerklage” und Einl III, Rn. 54 ff.; offengelassen in BGH, NJW –1986, 2257 [2258]). Die Geltendmachung der Ansprüche in der mündlichen Verhandlung diente nur der weiteren Verzögerung des Prozesses. Die Beklagte hat den Fortgang des Rechtsstreits von der Zustellung der Klage am 18.11.2000 an verzögert, indem sie zunächst beantragt hat, die Frist zur Klageerwiderung zu verlängern. Ihr Prozessbevollmächtigter hat in den Schriftsätzen vom 11.12.2000 und 18.12.2000 wegen arbeitsunfähiger Erkrankung und vom 2.1.2001 und 9.1.2001 wegen nicht vorhersehbaren Arbeitsstaus durch die vorherige Dienstunfähigkeit Verlängerung der Klageerwiderungsfrist erbeten. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 9.1.2001 – per Telefax am 15.1.2001 beim Amtsgericht eingegangen – hat der Beklagtenvertreter mitgeteilt, dass er plötzlich dienstunfähig erkrankt sei und daher nicht den für den 16.1.2001 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung wahrnehmen könne. Mit Faxschriftsatz vom 16.1.2001 – dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht – hat er um nochmalige Fristverlängerung ersucht, weil er bis zum 18.1.2001 krankgeschrieben sei. Nachdem sich für die Beklagte kein Zustellungsnachweis des Sitzungsprotokolls vom 16.1.2001 mit der Anberaumung eines neuen Termins auf den 20.3.2001 bei der Akte befunden hatte, hat das Amtsgericht erneut Termin anberaumt für den 8.5.2001. Mit Faxschriftsatz vom 7.5.2001 hat der Beklagtenvertreter dann mitgeteilt, dass der Beklagte – gemeint ist wohl der Beklagtenvertreter selbst – plötzlich dienstunfähig...