Leitsatz (amtlich)
Unzulässiges Teilurteil über eine Klage, der ggü. mit Forderungen aufgerechnet wird, die zugleich Gegenstand einer Widerklage sind
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.01.2004; Aktenzeichen 3-11 O 73/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten werden das Teilurteil der 11. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main v. 16.1.2004 und das zugrundeliegende Verfahren aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten
des Berufungsverfahrens bleibt dem LG vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin errichtet und verpachtet bundesweit Tank- und Rastanlagen an den Bundesautobahnen. Die Beklagten waren Pächter der Autobahnraststätte A. Sie haben seit September 2000 keine Fixpacht und keine Gebühren für die Systemführung an die Klägerin bezahlt. Wegen dieses Zahlungsrückstandes hat die Klägerin den Pachtvertrag mit Schreiben v. 25.11.2002 außerordentlich zum 30.11.2002 gekündigt und Zahlungs- sowie Räumungsklage erhoben, die in beiden Instanzen Erfolg hatte (OLG Frankfurt, Urt. v. 10.2.2004 - 11 U 27/03 (Kart), OLGReport Frankfurt 2004, 337). Die von den Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungs- und Auskunftsansprüche hatten nach jener Entscheidung keinen Erfolg.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin rückständige Pachtzinsen ab 1.1.2002 geltend. Die Beklagten haben erstinstanzlich mit Schadensersatzansprüchen die Aufrechnung erklärt, die ihnen gegen die Klägerin nach ihrer Auffassung wegen Verletzung der Pflicht zur Gewährung von Konkurrenzschutz in dieser Zeit zustehen sollen. Mit Schriftsatz v. 15.1.2004, der im Original in der mündlichen Verhandlung vor dem LG am 16.1.2004 vorgelegt wurde, haben die Beklagten auch im vorliegenden Rechtsstreit eine Widerklage erhoben, mit der sie im Wege der Stufenklage den Ersatz des von ihnen seit 1.1.2002 (vermeintlich) erlittenen Schadens verlangen und ihre bisherigen, im Rahmen der Aufrechnung geltend gemachten Argumente wiederholen und vertiefen.
Das LG hat der Klage mit dem angegriffenen Teilurteil v. 16.1.2004 stattgegeben. Es hat gemeint, eine sittenwidrige Überhöhung der Pacht- und Systemgebühren hätten die Beklagten nicht schlüssig vorgetragen. Auf eine Minderung der Pacht- und Systemgebühren wegen Nichtgewährung des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes könnten sie sich nicht berufen, da etwaige Gewährleistungsrechte verwirkt seien. Die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen sei ihnen wegen des wirksamen Aufrechnungsverbotes und des Ausschlusses des Zurückbehaltungsrechtes versagt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Sie beantragen, das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 16.1.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Das vom LG erlassene Teilurteil ist unzulässig. Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Teilurteils ist die Widerspruchsfreiheit zum Schlussurteil. Die Entscheidung über den Teil des Rechtsstreits muss unabhängig davon sein, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitgegenstandes entscheidet. Es darf nicht die Gefahr bestehen, dass es im Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt. In die Beurteilung der Widerspruchsfreiheit ist die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug einzubeziehen (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 301 Rz. 7). Danach liegt ein Fall der Widerspruchsfreiheit hier nicht vor. Ein Teilurteil über die Klage, der ggü. mit durch (Eventual-)Widerklage geltend gemachten Forderungen aufgerechnet wird, ist unzulässig (BGH v. 12.1.1994 - XII ZR 167/92, MDR 1994, 613 = NJW-RR 1994, 379 [380]; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 575). Die zur Aufrechnung gestellten und die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind im Wesentlichen identisch. Deshalb ist nicht auszuschließen, dass in einer höheren Instanz das Aufrechnungsverbot für nicht durchgreifend erachtet wird und die im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Schadensersatzansprüche für das Jahr 2002 Erfolg haben könnten, während hinsichtlich derselben Ansprüche im Rahmen der Widerklage eine abweichende Entscheidung in der unteren Instanz ergeht. Nicht auszuschließen ist aber auch, dass bei Zubilligung der Ansprüche die Klageforderung in der Berufungsinstanz infolge der wirksamen Aufrechnung abgewiesen und die Klägerin im Rahmen der Widerklage (nochmals) zur Zahlung verurteilt würde.
Daran ändert auch nichts, dass die Beklagten mit der Widerklage zunächst Auskunftsansprüche und erst im Rahmen des Antrags zu Stufe 3 Schadensersatz geltend machen. Denn schon beim Auskunftsanspruch kommt es darauf an, ob den Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zustehen kann und die Wahrscheinlichkeit für einen Schaden besteht. Damit ist die Frage des Bestehens...