Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Überlegungsfrist des Vermieters bei Nachmietergestellung

 

Leitsatz (amtlich)

Mit seinem Einverständnis, ein befristetes Mietverhältnis bei Nachmietergestellung vorzeitig zu beenden, behält sich der Vermieter auch ohne ausdrückliche Erklärung erkennbar eine angemessene Nachforschungs- und Überlegungsfrist bis zur Entscheidung über die Weitervermietung vor. Regelmäßig beträgt die Frist etwa drei Monate.

 

Tatbestand

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Die Klägerin verlangt Mietzinszahlung für die Zeit von Oktober bis Dezember 1995. Die Beklagten haben die durch Vertrag v. 30. 8. 1995 zum 1. 10. 1995 befristet auf ein Jahr angemietete Wohnung aus familiären Gründen nicht bezogen. Dies kündigten sie der Klägerin schon am 31. 8. 1995 an. Zwischen den Parteien wurde daraufhin vereinbart, daß die Klägerin einen von den Beklagten gestellten adäquaten Nachmieter akzeptiert, wozu es allerdings nicht gekommen ist. Vielmehr wurde die Wohnung von der Klägerin zum 1. 1. 1996 anderweitig weitervermietet. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen triftigen Grund hatte, die beiden von den Beklagten etwa Mitte September 1995 vorgeschlagenen Nachmieter abzulehnen. Unabhängig davon hält die Klägerin ihre Forderung schon deshalb für begründet, weil sie sich mit der Entscheidung über den Nachmieter jedenfalls bis zum Jahresende habe Zeit lassen dürfen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, daß die vermietete Wohnung - unstreitig - auf dem gleichen Anwesen in einem Nebengebäude des von ihr selbst bewohnten Haupthauses liegt und beide Wohnungen über einen gemeinsamen Innenhof zu erreichen sind. Das AG Gießen hat die auf Zahlung von 2400,- DM Kaltmiete und 600,- DM Nebenkostenvorauszahlung gerichtete Klage abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klägerin kann Zahlung von 2400,- DM Kaltmiete für die Zeit von Oktober bis Dezember 1995 verlangen (§ 535 S. 2 BGB), wobei sich die Zahlungspflicht der Beklagten allein schon aus dem geschlossenen Mietvertrag ergibt und durch die unterlassene Benutzung der Wohnung nicht entfallen ist (§ 552 S. 1 BGB; vgl. auch Kammer NJW-RR 1996, 462 (=WM 1996, 23)). Das Mietverhältnis war befristet und wurde durch die Kündigung der Beklagten v. 14. 9. 1995 nicht beendet. Zwar haben die Parteien mit der Vereinbarung, daß die Klägerin einen von den Beklagten gestellten adäquaten Nachmieter akzeptieren wird, einen aufschiebend bedingten Mietaufhebungsvertrag geschlossen (§§ 158 Abs. 1, 305 BGB). Ob die Klägerin durch ihr Verhalten die umgehende Weitervermietung der Wohnung an einen objektiv geeigneten Nachmieter verhinderte, kann aber dennoch dahinstehen. Jedenfalls handelte die Klägerin nicht treuwidrig, als sie die von den Beklagten vorgeschlagenen Personen alsbald ablehnte und die Wohnung zum 1. 1. 1996 anderweitig weitervermietete, weshalb die Beklagten noch bis einschließlich Dezember 1995 an den Mietvertrag gebunden waren.

Mit ihrem Einverständnis, einen adäquaten Nachmieter zu akzeptieren, hatte sich die Klägerin nicht verpflichtet, dies unmittelbar nach Benennung eines objektiv geeigneten Interessenten durch die Beklagten zu tun. Vielmehr hatte sie sich auch ohne ausdrückliche Erklärung eine angemessene Überlegungsfrist vorbehalten, und zwar als Bestandteil der Bedingung für die Vertragsaufhebung. Anders durften die Beklagten die Erklärung der Klägerin nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nicht verstehen (§§ 133, 157 BGB). Es bedeutete eine nicht geschuldete Gefälligkeit, daß die Klägerin überhaupt auf ihren Wunsch einging, ohne Angabe eines überwiegenden Interesses an der Vertragsauflösung (vgl. dazu OLG Hamm RE NJW-RR 1995, 1478f. (=WM 1995, 577); Kammer NJW-RR 1995, 395) aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden. Durch dieses Entgegenkommen wollte sich die Klägerin ersichtlich nicht selbst in Zugzwang bringen und umgehend abschließend über den Vertragsschluß mit einem Nachmieter entscheiden müssen. Dies deutete sie in ihrer Erklärung auch an, indem sie dem Einverständnis mit der Nachmietergestellung die Bemerkung folgen ließ, bis zum Beginn des neuen Mietverhältnisses bestehe die Zahlungsverpflichtung der Beklagten aber weiter. Den gesamten Umständen nach ist ebenfalls anzunehmen, daß sich ein Vermieter mit der Erklärung, den Mieter gegen Nachmietergestellung vorzeitig aus dem befristeten Vertragsverhältnis zu entlassen, eine angemessene Nachforschungs- und Überlegungsfrist vorbehält, innerhalb der er prüfen kann, ob der vorgeschlagene Nachfolgeinteressent objektiv geeignet ist und ob er die Mieträume aus seiner persönlichen Sicht nicht doch lieber anderweitig vermietet (vgl. LG Saarbrücken WM 1995, 314, 315; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rz. 78). Dabei will es sich der Vermieter ersichtlich auch nicht nehmen lassen, einen vom Mieter beigebrachten Mietinteressenten umgehend abzulehnen und sich innerhalb der ausbedungenen Überlegungsfrist selbst um die Weitervermietung zu kümmern.

Welche Überlegungsfrist...

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