Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung zur Pflasterung des entliehenen Grundstücks mit Verbundsteinen

 

Orientierungssatz

Dem Entleiher einer als Zufahrt genutzten unbebauten Grundstücksteilfläche ist es nicht gestattet, diese mit Verbundsteinen zu pflastern, da die Pflasterung keine Verwendung im Sinne von BGB §§ 601 Abs 2, 604 Abs 1 darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine grundlegende Veränderung des unbebauten Grundstücks. Dies gilt allein schon im Hinblick auf die dadurch bewirkte Versiegelung des Bodens und die entstehende Frage der Entwässerung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.5.1994 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gießen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

 

Gründe

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die Beklagte gestattet dem Kläger aufgrund einer Zusage aus dem Jahre 1974 die Zufahrt über ihr Grundstück. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Befestigung ihres Grundstücks mit Verbundpflaster soweit ihm dieses als Zufahrt dient, hilfsweise die Gestattung der Befestigung auf eigene Kosten. Er behauptet, der Grund sei im Laufe der Jahre so heruntergekommen, daß eine gefahrlose Benutzung nicht mehr möglich sei. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Soweit der Kläger die Beklagte auf Instandsetzung des Zufahrtsbereichs auf ihrem Grundstück durch Pflasterung mit Verbundsteinen in Anspruch nimmt, ist seinem Begehren die rechtliche Anerkennung zu versagen. Die Beklagte ist zur Durchführung solcher Instandsetzungsmaßnahmen nicht verpflichtet. Durch den Antrag des Klägers vom 22.1.1974, den fraglichen Grundstücksteil auch nach der Baulandumlegung als Zufahrt benutzen zu können, und die Zusage der Beklagten im Schreiben vom 4.6.1974 ist zwischen den Parteien ein Leihvertrag zustande gekommen, der die Beklagte verpflichtet, den Gebrauch des Grundstücksteiles unentgeltlich zu gestatten (§ 598 BGB). Gestatten des Gebrauchs umfaßt aber nur die Besitzübertragung zu Beginn der Leihe und das Unterlassen von Besitzstörungen während der Leihzeit. Im Gegensatz zur Gebrauchsgewährung bei Miete (§§ 535 S. 1, 536 BGB) ist der Verleiher nicht verpflichtet, die Sache für den vertragsgemäßen Gebrauch instandzusetzen oder instandzuhalten (Palandt -- Putzo, BGB, 51. Aufl., § 598 Rz. 6). Abgesehen davon wurde der als Zufahrt dienende Grundstücksteil dem Kläger nicht in gepflastertem, sondern in geschottertem Zustand geliehen. In einer durch den Gebrauch des Klägers herbeigeführten Verschlechterung des Untergrundes kann auch keine Besitzstörung von Seiten der Beklagten gesehen werden. Über die Pflichten eines Verleihers hinausgehende Regelungen zur Instandhaltung der Zufahrt durch die Beklagte haben die Parteien durch ihre Erklärungen im Jahre 1974 nicht begründet. Insoweit folgt die Kammer den Gründen der angefochtenen Entscheidung (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Hinsichtlich des Hilfsantrages ist die Klage ebenfalls unbegründet. Bei der vom Kläger beabsichtigten Bodenbefestigung handelt es sich um keine Maßnahme zur Erhaltung der geliehenen Sache (§ 601 Abs. 1 BGB). Die beabsichtigte Pflasterung dient nicht der Erhaltung des Grundstücks der Beklagten, vielmehr geht es nur um die Sicherung einer ganz bestimmten Nutzungsmöglichkeit im Interesse des Klägers, nämlich um die Möglichkeit der Benutzung als Zufahrt zu seinem eigenen Grundstück. Als Entleiher steht es dem Kläger zwar frei, auch außerhalb des Bereichs seiner Erhaltungspflicht (vgl. Palandt -- Putzo, § 601 Rz. 1) Verwendungen auf die Leihsache zu machen, unabhängig von deren Zustand. Dies ergibt sich aus § 601 Abs. 2 BGB, der eine Regelung zum Verwendungsersatz trifft. Einen Genehmigungsvorbehalt zugunsten der Beklagten im Hinblick auf die Verwendungen des Klägers haben die Parteien im Jahre 1974 nicht vereinbart. Aus § 604 Abs. 1 BGB kann sich lediglich eine Pflicht des Klägers zur Wegnahme seiner Verwendungen im Zeitpunkt der Beendigung des Leihverhältnisses ergeben. Allerdings stellt die vom Kläger beabsichtigte Pflasterung keine Verwendung auf das Grundstück der Beklagten dar. Vielmehr handelt es sich um eine grundlegende Umgestaltung, die nicht mehr unter den Verwendungsbegriff fällt (vgl. Palandt -- Putzo, § 601 Rz. 2) und einem Entleiher nicht gestattet ist. Das Grundstück der Beklagten ist unbebaut und zu den grundlegenden Veränderungen eines unbebauten Grundstücks zählt vor allem dessen Bebauung. Baumaßnahmen sind nicht nur Hochbauten, auch die beabsichtigte Pflasterung ist als solche zu werten. Dies allein schon im Hinblick auf die dadurch bewirkte Versiegelung des Bodens und die entstehende Frage der Entwässerung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1736417

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?