Verfahrensgang
AG Görlitz (Beschluss vom 04.03.2004; Aktenzeichen 1 Ls ... Js .../03) |
Gründe
I.
_ wurde vom Amtsgericht Görlitz am 22.10.2003 (1 Ls ... Js .../03), rechtskräftig seit 30.12.2003, u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Einbezogen wurden die Einzelstrafen, die der im Urteil des Amtsgerichts Görlitz vom 10.03.2003 (1 Ls ... Js .../02) ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 6 Monaten zugrunde lagen. Alle abgeurteilten Taten stellen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz dar. Der Verurteilte war selbst betäubungsmittelabhängig und tätigte aus diesem Grund die den Verurteilungen zugrunde liegenden Drogengeschäfte (Urteil vom 22.10.2003, S. 4).
Auf die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind aufgrund der Untersuchungshaft 301 Tage anzurechnen (Zeitraum: 27.09.2002-24.07.2003, vgl. Bl. 9 des VH zu ... Js .../03).
Seit dem 06.10.2003 befindet sich der Verurteilte in der Drogenklinik _ (Träger: E kliniken H ) zu einer Drogenlangzeitentwöhnungsbehandlung (Mitteilung der Chefärztin Dipl. Med. K A , Bl. 45 des VH zu ... Js .../02, sowie telefonische Bestätigung durch Frau A am 06.04.2004). Die Drogenklinik ist eine staatlich anerkannte Einrichtung.
Auf Antrag des Verurteilten hat das Amtsgericht Görlitz am 04.03.2004 beschlossen:
1. Die Zeit der Behandlung des Verurteilten M Sch in der Drogenklinik vom 06.10.2003 bis heute wird auf die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts G vom 22.10.2003 (1 Ls ... Js .../03) angerechnet.
2. Die Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts G vom 22.10.2003 (1 Ls ... Js .../03) zum Zwecke der Fortsetzung der Therapie in der Drogenklinik wird erteilt. Die Therapiezeit ist anrechnungsfähig im Sinne des § 36 Abs. 1 BtMG.
Die Staatsanwaltschaft Görlitz hatte sich zuvor in ihrer Stellungsnahme gegen eine Anrechnung der Therapiezeit gem. § 36 Abs. 3 BtMG ausgesprochen. Da die zu vollstreckende Restfreiheitsstrafe noch mehr als zwei Jahre betrage, sei eine Therapieanrechnung nicht zulässig (Bl. 55 f. des VH zu ... Js .../03). Gegen den o.g. Beschluss, der der Staatsanwaltschaft Görlitz am 09.03.2004 zugestellt wurde, hat diese am 12.03.2004 sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die von der Staatsanwaltschaft Görlitz erhobene sofortige Beschwerde ist angesichts des Inhaltes der - vor dem nunmehr angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts Görlitz abgegeben - staatsanwaltschaftlichen Stellungnahme dahingehend auszulegen, dass sie sich nur auf die Anrechnung der Therapiezeit gem. § 36 Abs. 3 BtMG bezieht (Punkt 1 des o.g. Beschlusses). Insoweit ist die sofortige Beschwerde gem. § 36 Abs. 5 S. 3 BtMG statthaft und auch im übrigen zulässig. Insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 311 Abs. 2 StPO).
In der Sache hat die sofortige Beschwerde indes keinen Erfolg. Denn das Amtsgericht Görlitz hat die bisherige Therapiedauer zu Recht gem. § 36 Abs. 3 BtMG auf die Restfreiheitsstrafe angerechnet, obwohl diese nach Abzug der Dauer der Untersuchungshaft noch mehr als zwei Jahre beträgt. Die Anrechnung einer Therapiezeit gem. § 36 Abs. 3 BtMG setzt nach Auffassung der Kammer nicht zwingend voraus, dass die noch zu verbüßende Restfreiheitsstrafe eine Dauer von maximal zwei Jahren aufweist (so auch OLG Düsseldorf, NStZ 1992, 244; LG Bremen, StV 1992, 184; LG Tübingen, StV 1988, 214). Ein solches Erfordernis ist zwar im Fall der obligatorischen Anrechnung gem. § 36 Abs. 1 BtMG gegeben, weil diese eine Zurückstellung der Strafvollstreckung voraussetzt, die ihrerseits gem. § 35 BtMG nur bei Restfreiheitsstrafen mit einer Dauer bis zu zwei Jahren möglich ist. Für eine fakultative Anrechnung gem. § 36 Abs. 3 BtMG müssen hingegen nach dem insofern eindeutigen Wortlauf die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG gerade nicht vorliegen. Aus dem Wortlaut des Absatzes drei dieser Vorschrift ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass nur auf bestimmte Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 1 BtMG verzichtet würde. Hinreichende Gründe, den Anwendungsbereich des § 36 Abs. 3 BtMG gegen den Wortlaut dahingehend einzuschränken, dass auch die fakultative ebenso wie die obligatorische Anrechnung nur bei einer noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe mit einer Dauer von maximal zwei Jahren möglich sein soll, bestehen nicht.
Die Argumente der in Rechtsprechung und Schrifttum teilweise vertretenen gegenteiligen Auffassung (vgl. etwa OLG Hamburg, StV 1989, 258; OLG Hamm, NStZ 1987, 246; OLG Zweibrücken, NStZ 1991, 92; Körner, Betäubungsmittelgesetz, 5. Aufl., § 36 Rn. 28 f.) vermögen die Kammer nicht zu überzeugen. So wird etwa angeführt, das Erfordernis einer maximalen Dauer der noch zu verbüßenden Restfreiheitsstrafe von zwei Jahren ergebe sich aus dem zwischen § 35 und § 36 BtMG gegebenen systematischen Zusammenhang (OLG Hamburg, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., OLG Zweibrücken, a.a.O.). Es bestehen aber keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, § 35 BtMG stelle allgemeine Voraussetzun...