Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung durch Gläubiger gegenüber einem Schuldner ist nicht begründet wegen rechtzeitiger Vorlage von Gehaltsabrechnungen. Begründetheit des Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung durch Gläubiger gegenüber einem Schuldner bei rechtzeitiger Vorlage von Gehaltsabrechnungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verheimlichen iSd. § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO bedeutet, dass der Schuldner dem Insolvenzgericht oder dem Treuhänder die pfändbaren Bezüge nicht mitteilt. Ziel des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist es, dem Treuhänder Kenntnis vom Einkommen und Vermögen des Schuldners zu verschaffen, damit er den pfändbaren Teil zur Masse ziehen kann. Die Folge, dass der Schuldner Rückstände nicht rechtzeitig an die Masse zahlt, wird nicht vom Tatbestand des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO erfasst. Der Gesetzgeber hat diesen Fall nicht geregelt. Eine analoge Anwendung der Vorschriften scheidet aus, denn die Versagungsgründe sind in der Insolvenzordnung abschließend geregelt.

2. Nach § 296 Abs. 1 InsO setzt die Versagung der Restschuldbefreiung voraus, dass durch den Verstoß des Schuldners gegen eine seiner Obliegenheiten die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. Die Beeinträchtigung ist durch einen Vergleich zwischen einem ordnungsgemäß und dem unter Obliegenheitsverstößen durchgeführten Restschuldbefreiungsverfahren zu bemessen. Allein die Gefährdung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger reicht nicht aus. Mithin liegt eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung eine konkret messbare Schlechterstellung der Gläubiger wahrscheinlich ist, mithin muss ein pfändbarer Anteil verbleiben.

 

Normenkette

InsO § 295 Abs. 1 Nr. 3, § 296 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Göttingen (Beschluss vom 05.06.2007; Aktenzeichen 74 IK 233/07)

BGH (Entscheidung vom 05.04.2006; Aktenzeichen IX ZB 50/05)

 

Tenor

1. Dem Schuldner wird für die sofortige Beschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwältin B, Ba, Bc, zur Vertretung in diesem Verfahren beigeordnet.

2. Der angefochtene Beschluss wird geändert:

Der Antrag der Gläubiger, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Gläubiger

Beschwerdewert: bis zu 700,00 Euro

 

Gründe

Mit Beschluss vom 05.06.2007 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und den Rechtsanwalt C, Kassel, zum Treuhänder bestellt. Dem Schuldner ist mit Beschluss vom 21.02.2008 die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt worden, sofern er während der Laufzeit der Abtretungserklärung die ihm gemäß § 295 InsO obliegenden Verpflichtungen erfüllt und keine sonstigen Versagungsgründe vorliegen.

In seinem Bericht vom 12.03.2009 hat der Treuhänder ausgeführt, der Schuldner habe trotz Aufforderung keinerlei Einkommensnachweise zur Verfügung gestellt, so dass der Treuhänder nicht habe prüfen können, ob der Arbeitgeber die geleisteten pfändbaren Anteile korrekt ermittelt habe.

Unmittelbar nach diesem Bericht hat der Schuldner die angeforderten Lohnabrechnungen zur Verfügung gestellt. Daraus ergab sich, dass der Arbeitgeber des Schuldners den monatlich pfändbaren Betrag nicht zutreffend ermittelt hatte, so dass ein Rückstand in Höhe von insgesamt 402,40 Euro eingetreten war. Der Treuhänder hat den Schuldner aufgefordert, diese Rückstände an die Insolvenzmasse zu zahlen. Am 15.03.2011 hat der Treuhänder berichtet, dass der Schuldner wiederum seit Mai 2009 Einkommensnachweise nicht übersandt habe. Der letzte pfändbare Einkommensanteil sei im November 2009 abgeführt worden. Es sei nicht bekannt, ob beziehungsweise wo der Schuldner beschäftigt sei. Auf den Rückstand von 402,40 Euro habe der Schuldner bislang 210,00 Euro gezahlt, der Rest sei jedoch nach wie vor offen.

Unter Bezugnahme auf diesen Bericht des Treuhänders haben die oben genannten Gläubiger mit Schriftsatz vom 14.04.2011 beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, der Schuldner verletze seine Obliegenheiten. Trotz der Aufforderung durch den Treuhänder habe der Schuldner seit Mai 2009 keine Gehaltsabrechnungen mehr vorgelegt. Der Treuhänder könne daher die Richtigkeit der gezahlten pfändbaren Anteile nicht überprüfen. Hierdurch sei die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt. Das Amtsgericht hat dem Schuldner den Antrag der Gläubiger zur Stellungnahme übersandt und ihn aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen die fehlenden Einkommensnachweise vorzulegen.

Mit Schreiben vom 09.05.2011 hat der Treuhänder mitgeteilt, der Schuldner habe die fehlenden Einkommensnachweise am 09.05.2011 übersandt. Seit dem 19. Dezember 2009 beziehe der Schuldner Arbeitslosengeld in Höhe von 771,30 Euro. Seit dem 18.08.2010 nehme er an einer Umschulungsmaßnahme teil.

Mit Beschluss vom 20.05.2011 hat das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Zur Begründung hat das Amtsger...

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