Verfahrensgang

AG Göttingen (Entscheidung vom 01.04.2000; Aktenzeichen 74 IN 24/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: bis zu 3.000,-- DM.

 

Gründe

Mit Beschluss vom 01.04.2000 hat das Amtsgericht über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und den F…, zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht Termin zur Gläubigerversammlung anberaumt auf den 30.05.2000. In dieser Gläubigerversammlung war neben weiteren Gläubigern die Beschwerdeführerin als Gläubigerin erschienen. Sodann hat der Insolvenzverwalter zunächst seinen Bericht erstattet und darin u. a. ausgeführt, dass der Betrieb freihändig veräußert werden solle. Im weiteren Verlauf hat die Gläubigerversammlung mehrere Beschlüsse gefasst, u. a. über die Beibehaltung des Insolvenzverwalters sowie die Erteilung der Zustimmung zur freihändigen Veräußerung des Geschäftsbetriebs gem. § 160 InsO. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Erteilung der Zustimmung zur freihändigen Veräußerung des Geschäftsbetriebs gestimmt. Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang in dem Protokoll über die Gläubigerversammlung vermerkt, dass die Forderung der Gläubigerin G… nach ihren eigenen Angaben ca. 220.000 DM betrage und die übrigen Gläubiger, die für den Verkauf des Betriebes gestimmt haben, die eindeutige Stimmenmehrheit hätten, da z. B. das H… über eine Forderung in Höhe von ca. 300.000 DM, das I… über eine Forderung von ca. 1,8 Millionen DM und J… über eine Forderung von ca. 4 Millionen DM verfügten.

Mit einem am 19.06.2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat die Gläubigerin K… beantragt, die Beschlüsse der Gläubigerversammlung vom 30.05.2000 für unwirksam zu erklären. Zur Begründung hat sie ausgeführt, vor der Abstimmung sei nicht festgelegt worden, welche Gläubiger mit welchen Stimmen vertreten seien. Es sei auch keinerlei Entscheidung über das Stimmrecht zur Vorbereitung der einzelnen Abstimmungen getroffen worden. Es müsse deshalb zunächst das Stimmrecht ordnungsgemäß festgesetzt und sodann die Abstimmung wiederholt werden.

Der in dem Schriftsatz enthaltene, als sofortige Beschwerde zu wertende Rechtsbehelf ist unzulässig. Gem. § 6 Abs. 1 InsO unterliegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde vorsieht. Danach ist hier gegen die in der Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse kein Rechtsmittel statthaft, denn das Gesetz sieht insoweit keine sofortige Beschwerde vor.

Die Kammer konnte den Antrag der Gläubigerin aus dem Schriftsatz vom 16.06.2000 auch nur als sofortige Beschwerde werten, denn sonstige Möglichkeiten, die zur nachträglichen Anfechtung von Beschlüssen der Gläubigerversammlung berechtigen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kam hier kein Antrag der Gläubigerin auf Aufhebung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung gem. § 78 InsO in Betracht. Ein solcher Antrag auf Aufhebung eines Beschlusses muss noch in der Gläubigerversammlung gestellt werden, in der der Beschluss gefasst worden ist. Dies hat der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit für erforderlich gehalten (Kübler/Prütting, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 78 Rdnr. 10; Begründung RegE, BT-Drucksache 12/2443 S. 34, abgedruckt in: Kübler/Prütting, RWS-Dok. 18, Bd. I S. 257). Hier hat die Gläubigerin ihren Antrag, “die Beschlüsse der Gläubigerversammlung vom 30.05.2000 für unwirksam zu erklären” erst mehr als 2 Wochen nach der Gläubigerversammlung gestellt, so dass für die Anwendung des § 78 InsO von vornherein kein Raum ist.

Im übrigen merkt die Kammer ergänzend an: Die Auffassung der Gläubigerin, dass vor der Beschlussfassung im Berichtstermin (erste Gläubigerversammlung) bereits die Stimmrechte hätten festgestellt werden müssen, ist nicht zutreffend. Der Gesetzgeber hat den Berichtstermin nach § 156 InsO, in dem die Gläubiger die Beschlüsse fassen können, wie sie hier zur Abstimmung standen, ausdrücklich vorgesehen, ohne dass die angemeldeten Forderungen bereits geprüft worden sind. Insbesondere in größeren Verfahren findet die Gläubigerversammlung nach § 156 InsO vor dem Prüfungstermin statt (Kübler/Prütting/Onusseit, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 156 Rdnr. 3). Deshalb gewähren in dieser ersten Gläubigerversammlung die nach § 77 Abs. 1 InsO angemeldeten und weder vom Verwalter noch einem stimmberechtigten Gläubiger bestrittenen sowie die noch nicht geprüften Forderungen jeweils in der angemeldeten Höhe ein Stimmrecht. Einer besonderen Feststellung oder Festsetzung der Stimmrechte bedurfte es deshalb hier nicht, denn ausweislich des Protokolls waren die Forderungen der anwesenden Gläubiger nicht bestritten worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei vom Interesse der Beschwerdeführerin ausgegangen, das die Kammer hier nach der von der Gläubigerin geltend gemachten Forderung und der vom Insolv...

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