Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterersetzungsbefugnis bei unbefristetem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft

 

Orientierungssatz

1. Anders als bei der Vermietung an eine Person oder an eine Lebensgemeinschaft ist bei einem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft von vornherein die Möglichkeit des Wechsels der Vertragspartner vereinbart.

2. Die studentische Wohngemeinschaft ist ihrer Art nach auf eine gewisse Fluktuation angelegt. Für den Vermieter ist bei Vertragsschluß offensichtlich, daß die einzelnen Mieter nur über einen gewissen Zeitraum und jeweils unterschiedlich an der Wohnung interessiert sein werden, da in der Regel mit einem Ortswechsel verbundene Studienplatzwechsel bzw der Eintritt in das Berufsleben und dadurch bedingte Veränderungen der Lebensverhältnisse anstehen, so daß die Notwendigkeit des Austauschs der Mieter entsteht. Der Vermieter erklärt sich daher bei Vertragsschluß mit dem Austausch der Mieter einverstanden (Anschluß LG Karlsruhe, 1985-01-25, 9 S 580/83, NJW 1985, 1561).

3. Der Vermieter kann einen beabsichtigten Mieterwechsel auch nicht mit der Begründung ablehnen, das neue Mitglied der Wohngemeinschaft sei zur Zahlung des auf ihn entfallenden Mietanteils finanziell nicht in der Lage, denn die Mitglieder der Wohngemeinschaft haften für den Mietzins als Gesamtschuldner.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Juli 1992 verkündete Urteil des Amtsgerichts Göttingen -- 22 C 120/92 -- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Wert des Berufungsverfahrens: 2640 DM.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Entscheidungsgründe Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, nachdem Frau ... bereits seit dem 1. März 1992 in die Mietergemeinschaft aufgenommen ist, der Aufnahme von Frau ... als Hauptmieterin in den Mietvertrag zwischen den Klägern und der Beklagten vom 27. März 1985 über die Wohnung ... in ... 1. Obergeschoß, zuzustimmen.

Zwar enthält der Mietvertrag vom 27. März 1985 keine Verpflichtung der Beklagten als Vermieterin, dem vertraglichen Beitritt bzw. Eintritt eines neuen Mieters in das Mietverhältnis zuzustimmen. Ausdrücklich ist eine Mietnachfolge -- oder Eintrittsklausel zwischen den Parteien nicht vereinbart. In § 9 des Mietvertrages ist lediglich die Untervermietung formularmäßig geregelt.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zum Mieterwechsel ergibt sich vorliegend jedoch aus den Umständen. Bei den ursprünglichen Mietern handelte es sich nicht um eine Familie oder eine sonst auf Dauer angelegte Personengemeinschaft, sondern vielmehr um Studenten. Das Zusammenwohnen von Studenten ist im Regelfall von vornherein nur für eine vorübergehende Zeit beabsichtigt. Die Dauer des Zusammenlebens wird für jeden einzelnen der Personen durch den Studienabschluß oder Studienortwechsel zu verschiedenen Zeiten bestimmt. Der wesentliche Inhalt des Mietvertrages ist mithin, daß eine bestimmte Gesamtzahl von Personen die Wohnung nutzen kann, ohne daß auf bestimmte Personen abgestellt wird. Ebensowenig nimmt der Vermieter Einfluß auf die Verteilung der Zimmer. Er schließt also keinen Mietvertrag über bestimmte Räume der Wohnung ab, so daß es ihm letztlich gleichgültig ist, welche Person welchen Raum der Wohnung bewohnt, solange die vertraglich vereinbarte Gesamtzahl nicht überschritten wird. Aufgrund dieser Umstände und der Interessenlage der Parteien ist deshalb vorliegend davon auszugehen, daß zwischen den ursprünglichen Mietern und der Beklagten eine Vermietung an eine Wohngemeinschaft Vertragsinhalt geworden ist und so die Möglichkeit besteht, daß Mitglieder der Wohngemeinschaft ausgewechselt werden können, wobei sich allerdings aus § 1 des Mietvertrages die Beschränkung ergibt, daß die Gesamtzahl der Mitglieder der Wohngemeinschaft nicht drei Personen übersteigt. Anders als bei der Vermietung an eine Person oder an eine Lebensgemeinschaft ist bei einem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft von vornherein die Möglichkeit des Wechsels der Vertragspartner vereinbart. Die studentische Wohngemeinschaft ist ihrer Art nach auf eine gewisse Fluktuation angelegt. Für den Vermieter ist bei Vertragsschluß daher offensichtlich, daß die einzelnen Mieter nur über einen gewissen Zeitraum und jeweils unterschiedlich an der Wohnung interessiert sein werden, da in der Regel mit einem Ortswechsel verbundene Studienplatzwechsel bzw. der Eintritt in das Berufsleben und dadurch bedingte Veränderungen der Lebensverhältnisse anstehen. Der Vermieter kennt bei Abschluß des Mietvertrages das Interesse seiner Vertragspartner, die Zahl der Mieter gleichzuhalten, damit der Mietzins gemeinsam aufgebracht und eine zu große wirtschaftliche Belastung des einzelnen Wohngemeinschaftsmitglieds vermieden wird. Der Vermieter, der an eine studentische Wohngemeinschaft erm...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge