Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Mieterwechsel bei studentischer Wohngemeinschaft
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Eine studentische Wohngemeinschaft im herkömmlichen Sinn kann auch aus nur zwei Personen bestehen mit der Folge, daß der Vermieter einen Wechsel der Wohngemeinschafter als Mietvertragspartner grundsätzlich zustimmen muß.
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 17.02.1992 -- 5 C 617/91 -- wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber den Klägern ihre Zustimmung zu erklären, daß anstelle des Klägers Ziffer 2 (G) zukünftig Herr S
Mieter der im ersten Obergeschoß des Anwesens ... gelegenen Wohnung nach Maßgabe des Mietvertrags vom 10.03.1989 ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist zulässig. Die Beschwer der Kläger durch die Abweisung ihres Hauptantrages übersteigt die Berufungssumme von 1.200,00 DM nach § 511 a ZPO. Zwar sind die Kläger, was ihre mietvertragliche Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses anbelangt, durch das angefochtene Urteil nach wirtschaftlicher Betrachtung nicht wesentlich schlechter gestellt. Denn die Mietbelastung können sie im Innenverhältnis zu Herrn ... S auch dann abwälzen, wenn dieser lediglich Untermieter ist.
Jedenfalls der Kläger Ziffer 2 hat jedoch -- über das kalkulierbar geringe Risiko des Ausfalls des Untermietzinses hinaus -- ein erhebliches Interesse daran, aus dem Mietverhältnis insgesamt auszuscheiden und damit im Außenverhältnis zur Klägerin auch nicht mehr für die Einhaltung der mietvertraglichen Verpflichtungen, etwa für die Verursachung von Beschädigungen an der Mietsache durch die in der Wohnung verbleibenden Bewohner, haften zu müssen. Dieses Interesse bemißt die Kammer mit 2.000,00 DM.
2. Die Berufung ist auch begründet.
Wie die Kammer bereits mehrfach ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 25.01.1985 WuM 1985, 83; vom 29.02.1988 -- 9 S 540/87 --; vom 10.05.1991 -- 9 S 588/90 --), kann es bei der Vermietung einer Wohnung an eine studentische Wohngemeinschaft dem Vertragsinhalt entsprechen, daß Mitglieder der Wohngemeinschaft ihre Entlassung aus dem Vertrag vom Vermieter verlangen können, und daß von der Wohngemeinschaft benannte zumutbare Personen an deren Stelle als neue Mieter in das Vertragsverhältnis aufzunehmen sind. Denn anders als bei der Vermietung an eine Person oder an eine Lebensgemeinschaft ist bei einem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft von vornherein die Möglichkeit des Wechsels der Vertragspartner vereinbart. Für den Vermieter ist bei Vertragsschluß offensichtlich, daß die einzelnen Mieter nur über einen gewissen Zeitraum und jeweils unterschiedlich an der Wohnung interessiert sein werden, da in der Regel mit einem Ortswechsel verbundene Studienplatzwechsel oder der Eintritt in das Berufsleben und dadurch bedingte Veränderungen der Lebensverhältnisse anstehen. Der Vermieter kennt bei Abschluß des Mietvertrages das Interesse seiner Vertragspartner, die Zahl der Mieter gleichzuhalten, damit der Mietzins gemeinsam aufgebracht und eine zu große wirtschaftliche Belastung des einzelnen Wohngemeinschaftsmitglieds vermieden wird. Der Vermieter, der an eine studentische Wohngemeinschaft vermietet, weiß, daß Studenten gegebenenfalls die Universität wechseln, sie jedenfalls nach Beendigung des Studiums verlassen und so die Notwendigkeit des Austauschs der Mitglieder entsteht, und er erklärt sich bei Vertragsschluß mit diesem Austausch einverstanden. In solchen Fällen ist daher ein nach Abschluß des Mietvertrages entstandenes berechtigtes Interesse im Sinne von § 549 Abs. 1 Satz 1 an der gewünschten Vertragsänderung von den Mietern nicht darzutun.
Ob im Einzelfall eine Vermietung an eine studentische Wohngemeinschaft mit diesem Vertragsinhalt vorliegt, ist eine Frage der Auslegung des Mietvertrages, für die die Umstände des Einzelfalles maßgebend sind und die nicht allein anhand begrifflicher Kriterien wie "Wohngemeinschaft" oder "Mietergemeinschaft" vorgenommen werden kann. Nach Auffassung der Kammer kann weder bei jeder Vermietung an eine Personenmehrzahl, etwa eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, ein Mietverhältnis mit dem dargestellten Inhalt angenommen werden, wie die Kläger meinen, denn bei der Anmietung einer Wohnung durch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft kann nicht davon ausgegangen werden, daß eine Auswechslung der Partner dieser Lebensgemeinschaft von vornherein beabsichtigt ist. Andererseits folgt die Kammer auch nicht der vom Amtsgericht übernommenen Auffassung des Landgerichts Köln (WuM 1991, 483), daß eine Wohngemeinschaft mindestens drei Personen voraussetze, da bei der Vermietung an lediglich zwei Personen nicht ersichtlich sei, in welcher Beziehung sie stünden. Ein Erfahrungssatz, daß eine studentische Wohngemeinschaft mindestens drei Mitglieder hat, besteht nicht. In der Literatur wir...