Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Die Pfändung des Guthabens der Schuldnerin auf dem Konto bei der Drittschuldnerin (Konto-Nr.: 560409) wird insoweit aufgehoben, als das Guthaben auf einer Zahlung der Familienkasse J unter dem Aktenzeichen: KGNR 355/073896 für Februar 2006 in Höhe von 154,00 EUR beruht.
Die Gläubiger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von bis zu 300,00 EUR.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 08. Juni 2001 hat das Amtsgericht auf Antrag der Gläubigerin Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin auf Auszahlung der gegenwärtigen und zukünftig entstehenden Guthaben auf dem bei der Drittschuldnerin bestehenden Konto der Schuldnerin (Konto-Nr.: 560409) gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen.
Gründe
Unter dem 22. Februar 2006 hat die Schuldnerin zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts beantragt, die Kontenpfändung hinsichtlich der auf dem Konto eingehenden Kindergeldzahlungen der Familienkasse J aufzuheben. Zur Begründung hat die Schuldnerin ausgeführt, die Drittschuldnerin weigere sich, das am 16.02.2006 auf dem Konto eingegangene Kindergeld auszuzahlen. Dem Antrag war ein Kontoauszug beigefügt, aus dem der Eingang der Kindergeldzahlung der Familienkasse J auf dem gepfändeten Konto ersichtlich ist.
Mit Beschluß vom 22. Februar 2006 hat das Amtsgericht B den Antrag auf Freigabe der Kindergeldzahlung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es bestehe für einen solchen Antrag kein Rechtsschutzbedürfnis, da das Kindergeld von vornherein von der Kontenpfändung nicht erfaßt sei. Die Vorschrift des § 55 SGBI sei entgegen einer in der Literatur vertretenen Rechtsauffassung analog anwendbar.
Die Schuldnerin hat unter dem 22. Februar 2006 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts gegen den oben genannten Beschluß sofortige Beschwerde eingelegt.
Das Amtsgericht B hat mit weiterem Beschluß vom 22. Februar 2006 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht I – Beschwerdekammer – zur Entscheidung vorgelegt.
Die gemäß § 793 ZPO zulässige Beschwerde der Schuldnerin ist auch in der Sache begründet.
Für den Antrag der Schuldnerin auf Freigabe der Kindergeldzahlung besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Dieses ergibt sich unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Kindergeldzahlung unter § 55 Abs. 1 SGBI oder § 850 k ZPO bereits daraus, daß die Drittschuldnerin die Auszahlung des Betrages an die Schuldnerin verweigert hat. In diesem Fall hat das zuständige Vollstreckungsgericht, soweit die Auszahlung zu Unrecht verweigert wurde, die beantragte Aufhebung der Kontenpfändung jedenfalls deklaratorisch auszusprechen.
Die Drittschuldnerin war im Zeitpunkt der Antragstellung verpflichtet, das Kindergeld in voller Höhe an die Schuldnerin auszuzahlen.
Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Amtsgerichts an, wonach ein auf einer Kindergeldzahlung beruhendes Guthaben trotz bestehender Pfändung in entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 1 SGBI innerhalb der ersten sieben Tage nach Zahlungseingang unbeschränkt auszuzahlen ist.
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl., Rn. 153 s)) ist für das auf ein Konto des Schuldners bei einem Geldinstitut überwiesene Kindergeld § 55 Abs. 1 SGBI entsprechend anzuwenden, wenn die Kindergeldzahlung auf §§ 62 ff EStG beruht.
Auch das nach den Vorschriften des EStGes gewährte Kindergeld dient der Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Es unterscheidet sich insoweit nicht von dem in besonderen Fällen nach wie vor nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) gewährten Kindergeld, welches unzweifelhaft Sozialleistung im Sinne des § 55 Abs. 1 SGBI ist (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 850 k Rn. 1 a. E.). Dementsprechend hat der Gesetzgeber mit § 76 EStG auch eine dem § 54 Abs. 5 SGBI entsprechende Regelung eingefügt, die bewirken soll, daß die bei der Kindergeldberechnung zu berücksichtigenden Kinder in den Genuß der ihnen zugedachten Leistungen kommen.
Soweit der Gesetzgeber den Regelungen des EStG keine dem § 55 SGBI entsprechende Regelung hinzugefügt hat, muß von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.
Es ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber bewußt auf einen dem § 55 SGBI entsprechenden Schutz der auf ein Konto des Schuldners überwiesenen Kindergeldzahlungen verzichtet hätte. Aus der Gesetzesbegründung ist ein solcher Wille des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. In der Begründung zu § 76 EStG (BT- Drucksache 13/1558, 162) heißt es, es solle durch § 76 EStG sichergestellt werden, daß Kindergeld wie bisher nur eingeschränkt pfändbar sei. Daraus ergibt sich aber, daß auch nach dem Willen des Gesetzgebers dem nach dem EStG gewährten Kindergeld kein geringerer Pfändungsschutz zukommen sollte, als dem nach Bundeskindergeldgesetz ausgezahlten Kindergeld.
Nur durch die entsprechende Anwendung des § 55 SGBI auch auf die Kindergeldauszahlung nach EStG kann sichergestellt werden, daß...