Entscheidungsstichwort (Thema)

Herausgabe von Krankenunterlagen. Ersatzpflicht für Einholung einer Deckungszusage

 

Normenkette

BGB §§ 810, 611, 242

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten, seinem behandelnden Arzt, die Herausgabe von Krankenunterlagen zur Vorbereitung eines Arzthaftungsprozesses.

Der Kläger war beim Beklagten in der Zeit vom 24.08.2004 bis 31.05.2007 in urologisch/andrologischer Behandlung. Er beabsichtigt, wegen eines vom Beklagten nicht erkannten Prostatakarzinoms Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten geltend zu machen. Hierfür benötigt der Kläger die Behandlungsunterlagen des Beklagten. Mit Anwaltsschreiben vom 22.03.2010 bat er den Beklagten um Übersendung von Kopien der Behandlungsunterlagen, Arztberichte, Röntgenaufnahmen u. a. gegen Erstattung der Kosten für die Anfertigung von Fotokopien unter Setzung einer Frist bis zum 06.04.2010. Mit Schreiben vom 23.03.2010 übersandte der Beklagte dem Kläger Befundberichte, Ultraschall-Prints u. a.. Mit Anwaltsschreiben vom 26.03.2010 wies der Kläger den Beklagten auf die Unvollständigkeit der übersandten Unterlagen hin und bat ihn, ihm auch seine eigene Behandlungskartei in Kopie zur Verfügung zu stellen. Die Röntgenbilder werde er, der Kläger, selbst abholen. Mit Anwaltsschreiben vom 17.05.2010 bat der Kläger seinen Rechtsschutzversicherer, die T GmbH in E2, ihm eine Deckungszusage für die Klage auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen zu erteilen.

Der Kläger behauptet, die ihm vom Beklagten überlassenen Krankenunterlagen seien noch nicht vollständig. Es fehlten noch Behandlungsunterlagen von den Terminen am 24.08., 14.09., 04.10., 21.12.2004 sowie 21.08., 30.08., 04.09.2006 und 08.01.2007, an denen er sich in der Behandlung des Beklagten befunden habe.

Der Kläger beantragt,

  • 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn über die mit Schreiben vom 23.03.2010 (Schreiben vom 28.03.2008; Ultraschall-Print vom 04.07.2006, 17:22.40; Ultraschall-Print vom 04.07.2006, 17:42:54; Uroflowprotokoll vom 23.04.2007; Befundbericht Dres. F2 vom 28.09.2004) und 06.04.2010 (Karteikarte mit Einträgen vom 31.05.2007, 23.04.2007, 11.07.2006, 04.07.2006) hinaus - Zug um Zug gegen Erstattung der von dem Beklagten zu errechnenden Kosten - gefertigten Behandlungsunterlagen in Kopie herauszugeben, und zwar für den Zeitraum vom 24.08.2004 bis 31.05.2007;

  • 2.

    festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Berechnung der für die Erstattung nötigen Kosten gemäß Ziffer 1 der Klage in Verzug befinde;

  • 3.

    den Beklagten zu verurteilen, eine Versicherung abzugeben, dass die von ihm herauszugebenden Fotokopien eine vollständige Kopie der im Klageantrag zu Ziffer 1.) dargestellten Behandlungsunterlagen beinhalten;

  • 4.

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn 546,69 Euro außergerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  • 5.

    den Beklagten zu verurteilen, an ihn 272,87 Euro an außergerichtlichen Kosten für die Einholung der Deckungszusage nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe dem Kläger alle Krankenunterlagen zur Verfügung gestellt, die er in Besitz habe. Bei den vom Kläger aufgezählten Terminen habe es sich teilweise um Patientengespräche gehandelt, über die keine besonderen Aufzeichnungen erstellt worden seien. Teilweise habe es an den Tagen keinen Kontakt zwischen Patient und Arzt gegeben, möglicherweise sei ihm ein Rezept ausgestellt worden.

In der mündlichen Verhandlung am 11.8.2010 hat der Beklagte die Versicherung, die Gegenstand des Klageantrages zu Ziffer 3 ist, zu Protokoll des Gerichts abgegeben.

Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer 3 des Klageantrages übereinstimmt für erledigt erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger stand gegen den Beklagten zwar ursprünglich ein Anspruch auf Herausgabe der ihn betreffenden Krankenunterlagen aus §§ 810, 611, 242 BGB zu. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Patient vom Arzt Einsichtnahme in bzw. Herausgabe von sämtlichen ihn betreffenden Behandlungsunterlagen verlangen kann, ohne dass er diesbezüglich ein besondere rechtliches Interesse nachweise muss. Dies ergibt sich bereits aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Jeder Patient hat das Recht, über seinen gesundheitlichen Zustand genau informiert zu werden. Ferner ist anerkannt, dass der Patient anstelle einer Einsichtnahme in die Originalunterlagen auch die Herausgabe von Kopien der Krankenunterlagen verlangen kann (BGH NJW 1983, 328; Amtsgericht I NJW-RR 1998, 262).

Der Anspruch des Klägers auf Herausgabe ...

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