Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert der Klage auf Herausgabe von Kopien ärztlicher Unterlagen
Normenkette
ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 11.03.2010; Aktenzeichen 4 O 11624/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 11.3.2010, Az. 4 O 11624/09, abgeändert. Der Streitwert wird auf 31.831,15 EUR festgesetzt.
II. Die weitergehende Beschwerde der Klägervertreter wird zurückgewiesen.
III. Der Beschwerdewert beträgt 541,75 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin macht einen Anspruch auf Einsicht in die sie betreffenden gesamten Krankenunterlagen über die plastisch-chirurgische ärztliche Brustbehandlung durch den Beklagten im Zeitraum vom 19.12.2008 bis 16.4.2009 durch Übersendung von Fotokopien zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten, Zug um Zug gegen Erstattung der Kopierkosten, geltend. Sie meint, die vom Beklagten durchgeführte Behandlung sei fehlerhaft und unbrauchbar gewesen und habe bei ihr zu dauerhaften Schäden materieller und immaterieller Art geführt. Die Einsicht in die Krankenunterlagen werde benötigt, um einen medizinischen Sachverständigen mit der Prüfung der Fehlerhaftigkeit der Behandlung zu beauftragen und die Erfolgsaussichten einer Klage auf Schmerzensgeld, Erwerbs- und Haushaltsführungsschäden prüfen zu können.
Für die Bemessung des Streitwerts hat der Klägervertreter die beabsichtigten Klageanträge in einem künftigen Arzthaftungsprozess gegen den Beklagten mitgeteilt und im Einzelnen begründet. Er geht von einem künftigen Streitwert i.H.v. mindestens 159.155,75 EUR aus (Bl. 11 d.A.). Er ist der Auffassung, dass für die streitgegenständliche Klage auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen mindestens ¼ des Streitwerts der fiktiven Arzthaftungsklage anzusetzen sei.
Der Beklagte hat seine Verpflichtung zur Übersendung von Fotokopien der Behandlungsunterlagen weder vorgerichtlich noch in dem Rechtsstreit bestritten. Nachdem er im Termin vom 11.3.2010 nicht erschienen und auch nicht vertreten war, erließ das LG antragsgemäß Versäumnisurteil. Gleichzeitig setzte es den Streitwert auf 16.000 EUR, entsprechend 1/10 des Streitwertes des geplanten Arzthaftungsprozesses fest.
Gegen diesen in ihrer Anwesenheit verkündeten Beschluss haben die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 17.3.2010, eingegangen bei Gericht am 20.3.2010, Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, dass aufgrund der Bedeutung der Dokumentation des Beklagten als Hauptbeweismittel sowohl zur Frage der Aufklärung als auch der "lege artis"-Behandlung der Streitwert für die vorliegende Klage auf Herausgabe von Kopien dieser Unterlagen mindestens ¼ des Streitwerts der fiktiven Arzthaftungsklage, also 39.788,93 EUR betrage.
Der Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme (Bl. 34 d.A.).
Mit Beschluss vom 24.3.2010 hat das LG der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 33 d.A.).
II. Die Beschwerde gegen die mit Erlass des Urteils gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG erfolgte Wertfestsetzung ist gem. § 68 Abs. 1 GKG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR. Die Beschwerdefrist ist eingehalten (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Die Klägervertreter sind gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG beschwerdeberechtigt.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel insoweit als begründet, als der Streitwert der vorliegenden Klage auf Herausgabe von Fotokopien der gesamten Krankenunterlagen nach den konkreter Umständen des vorliegenden Einzelfalls mit 31.831,15 EUR, also 1/5 des Streitwerts der Arzthaftungsklage, die dadurch vorbereitet werden soll, zu bemessen ist.
Die weitergehende Beschwerde der Klägervertreter ist unbegründet und wird zurückgewiesen.
Die streitgegenständliche Klage auf Herausgabe von Kopien der Behandlungsunterlagen dient der Vorbereitung eines Arzthaftungsprozesses bzw. der Prüfung der Erfolgsaussichten einer solchen Klage. In welchem Umfang der Beklagte die streitgegenständliche Behandlung dokumentiert hat, ist nicht bekannt. Sowohl das Vorhandensein, als auch das Fehlen entsprechender Unterlagen ist für die Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage wegen der behaupteten fehlerhaften Behandlung typischerweise von hoher Bedeutung. Die ärztliche Dokumentation hat für den Inhalt und den Nachweis der ärztlichen Aufklärung, und damit der Wirksamkeit der Einwilligung der Klägerin in die Behandlung genauso große Bedeutung wie für die Prüfung, ob die Behandlung entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurde. Aus ihr ergeben sich häufig streitentscheidende Weichenstellungen im Arzthaftungsprozess, etwa bei der Beweislast. Der ärztlichen Dokumentation kommt deshalb eine hohe Bedeutung für den Patienten zu, der sich fehlerhaft behandelt fühlt.
Auf der anderen Seite muss bei der Bewertung einer Klage auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen aber auch berücksichtigt werden, dass deren Besitz und Inhalt nicht unmittelbar einen Anspruch verkörpert, wie dies bei Inhaber- und weiteren Wertpapieren der Fall ist, sondern "nur" ein - wenn au...