Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 13.06.2006; Aktenzeichen 59 IK 670/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen Beschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 13. Juni 2006 (59 IK 670/06) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 04.05.2006 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Durch Beschluss vom 07.06.2006 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren. Durch Beschluss vom 13.06.2006 der Insolvenzrichter den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Gegen die ihm am 15.06.2006 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, die dieser durch Schriftsatz vom 12.07.2006 am 13.07.2006 bei Gericht einreichte.
Das Amtsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache durch Beschluss vom 14.07.2006 der zuständigen Beschwerdekammer des Landgerichts Halle zur Entscheidung vor.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, da die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO für das Eröffnungsverfahren und das eröffnete Verfahren keine Anwendung finden.
Die Vorschriften der Zivilprozessordnung gelten für das Insolvenzverfahren entsprechend nur dann, soweit die Insolvenzordnung nichts anderes bestimmt (§ 4 InsO). Andere Bestimmungen finden sich jedoch in den Vorschriften der §§ 4a ff. InsO. Die Vorschriften über die Verfahrenskostenstundung stellen eine spezielle Sonderregelung gegenüber den §§ 114 ff. ZPO dar. Dies folgt zum einen aus der Gesetzessystematik, zum anderen aus der gesetzeshistorischen Entstehung der vorgenannten Regelungen.
Die Notwendigkeit einer Prozess- bzw. Insolvenzkostenhilfe ist bereits in den ersten Entwürfen zur Ausgestaltung eines Restschuldbefreiungsverfahrens hervorgehoben worden. Gleichwohl enthielten weder der Diskussions- noch der Regierungsentwurf zur InsO eine ausdrückliche Regelung dieser Frage. Die Verweisung in § 4 InsO auf die Vorschriften der ZPO – und damit möglicherweise auch auf §§ 114 ff. ZPO – enthielt keine Präzisierung, ob damit die frühere Judikatur zu § 72 KO, die Prozesskostenhilfe für den Gemeinschuldner abgelehnt hatte (LG Traunstein, NJW 1963, 959) bestätigt oder angesichts der neuen Zielsetzung des Insolvenzverfahrens abgeändert werden sollte. Eine ausdrückliche Kodifizierung der Prozesskostenhilfe bzw. eine Klarstellung, dass § 4 InsO auch auf §§ 114 ff. ZPO verweist, wurde von seiten des Gesetzgebers zunächst nicht vorgenommen. Dementsprechend entstand nach Inkrafttreten der InsO zu dieser Frage eine ausgesprochen divergente Gerichtspraxis. Aus diesem Grunde beauftragte die 70. Konferenz der Justizminister im Juni 1999 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Probleme der praktischen Anwendung, besonders des Verbraucherinsolvenzverfahrens untersuchen und Änderungsmöglichkeiten aufzeigen sollte. Deren Bericht gipfelte im Kern darin, dass für eine gesetzgeberische Lösung nicht die globale Übernahme der §§ 114 ff. ZPO, sondern ein eigenständiges Modell, das auf einer Verfahrenskostenstundung beruhe, vorzuziehen sei.
Dieser Bericht wurde von der 71. Konferenz der Justizministerinnen- und -minister im Mai 2000 in Potsdam zustimmend zur Kenntnis genommen. Sie baten die Bundesministerin der Justiz darum, auf dieser Grundlage einen Gesetzentwurf zu erstellen, worauf hin im Winter 2000 mit dem Entwurf der Bundesregierung (BR-Drucksache 14/01) das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet und im Weiteren das Modell der Verfahrenskostenstundung unverändert übernommen wurde (BT-Drucksache 14/6468, S. 16 ff.)
Nach alledem handelt es sich bei der Verfahrenskostenstundung um ein eigenständiges insolvenzrechtliches Modell. Dieses lehnt sich zwar in seiner systematischen Struktur und vor allem seinem Zweck an die Regeln der Prozesskostenhilfe an. Es ist jedoch, wie sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs ergibt, als spezielle Sonderregelung gegenüber den §§ 114 ff. ZPO einzustufen (BT-Drucksache 14/5680, S. 12).
Nach alledem stellen die Regelungen der Verfahrenskostenstundung gemäß §§ 4a ff. InsO eine andere Bestimmung im Sinne des § 4 InsO dar, mit der Folge, dass die Vorschriften der Zivilprozessordnung vorliegend nicht anzuwenden sind.
b) Im übrigen ergibt sich aus der Regelung des § 114 Satz 1 ZPO und des § 1 BerHG, dass Prozesskostenhilfe nur für ein bevorstehendes oder bereits anhängiges gerichtliches Verfahren gewährt werden kann. Für Verfahrenshandlungen im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens kommt aufgrund der vorgenannten Regelung eine Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO nicht in Betracht.
Bei dem Ausfüllen der gemäß § 305 Abs. 1 InsO erforderlichen Unterlagen sowie bei der Durchführung des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens handelt es sich um Tätigkeiten im Vorfeld des anhängig werdenden gerichtlichen ...