Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 26.07.2006; Aktenzeichen 59 IK 835/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen Beschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 26. Juli 2006 (59 IK 938/06) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 20.06.2006 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über sein Vermögen. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Durch Beschluss om 04.08.2006 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren. Durch Beschluss vom selben Tage wies der Insolvenzrichter den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück. Zugleich legte er den vorstehend genannten Antrag als einen solchen auf Beiordnung eines Rechtsanwalts aus und wies auch diesen zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, die dieser durch Schriftsatz vom 23.08.2006 am 25.08.2006 bei Gericht einreichte. Das Rechtsmittel ist sowohl gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe als auch dagegen gerichtet, dass dem Schuldner kein Rechtsanwalt beigeordnet wurde. Zugleich überschrieb der Schuldner seine Rechtsmittelschrift mit „PKH-Antrag für die Beschwerde”.
Das Amtsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache durch Beschluss vom 03.09.2006 der zuständigen Beschwerdekammer des Landgerichts Halle zur Entscheidung vor.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig, da die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO für das Eröffnungsverfahren und das eröffnete Verfahren keine Anwendung finden.
Die Vorschriften der Zivilprozessordnung gelten für das Insolvenzverfahren entsprechend nur dann, soweit die Insolvenzordnung nichts anderes bestimmt (§ 4 InsO). Andere Bestimmungen finden sich jedoch in den Vorschriften der §§ 4 a ff. InsO. Die Vorschriften über die Verfahrenskostenstundung stellen eine spezielle Sonderregelung gegenüber den §§ 114 ff. ZPO dar. Dies folgt zum einen aus der Gesetzessystematik, zum anderen aus der gesetzeshistorischen Entstehung der vorgenannten Regelungen.
Die Notwendigkeit einer Prozess- bzw. Insolvenzkostenhilfe ist bereits in den ersten Entwürfen zur Ausgestaltung eines Restschuldbefreiungsverfahrens hervorgehoben worden. Gleichwohl enthielten weder der Diskussions- noch der Regierungsentwurf zur InsO eine ausdrückliche Regelung dieser Frage. Die Verweisung in § 4 InsO auf die Vorschriften der ZPO – und damit möglicherweise auch auf §§ 114 ff. ZPO – enthielt keine Präzisierung, ob damit die frühere Judikatur zu § 72 KO, die Prozesskostenhilfe für den Gemeinschuldner abgelehnt hatte (LG Traunstein, NJW 1963, 959) bestätigt oder angesichts der neuen Zielsetzung des Insolvenzverfahrens abgeändert werden sollte. Eine ausdrückliche Kodifizierung der Prozesskostenhilfe bzw. eine Klarstellung, dass § 4 InsO auch auf §§ 114 ff. ZPO verweist, wurde von seiten des Gesetzgebers zunächst nicht vorgenommen. Dementsprechend entstand nach Inkrafttreten der InsO zu dieser Frage eine ausgesprochen divergente Gerichtspraxis. Aus diesem Grunde beauftragte die 70. Konferenz der Justizminister im Juni 1999 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Probleme der praktischen Anwendung, besonders des Verbraucherinsolvenzverfahrens untersuchen und Änderungsmöglichkeiten aufzeigen sollte. Deren Bericht gipfelte im Kern darin, dass für eine gesetzgeberische Lösung nicht die globale Übernahme der §§ 114 ff. ZPO, sondern ein eigenständiges Modell, das auf einer Verfahrenskostenstundung beruhe, vorzuziehen sei.
Dieser Bericht wurde von der 71. Konferenz der Justizministerinnen- und -minister im Mai 2000 in Potsdam zustimmend zur Kenntnis genommen. Sie baten die Bundesmmisterin der Justiz darum, auf dieser Grundlage einen Gesetzentwurf zu erstellen, worauf hin im Winter 2000 mit dem Entwurf der Bundesregierung (BR-Drucksache 14/01) das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet und im Weiteren das Modell der Verfahrenskostenstundung unverändert übernommen wurde (BT-Drucksache 14/6468, S. 16 ff.)
Nach alledem handelt es sich bei der Verfahrenskostenstundung um ein eigenständiges insolvenzrechtliches Modell. Dieses lehnt sich zwar in seiner systematischen Struktur und vor allem seinem Zweck an die Regeln der Prozesskostenhilfe an. Es ist jedoch, wie sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs ergibt, als spezielle Sonderregelung gegenüber den §§ 114 ff. ZPO einzustufen (BT-Drucksache 14/5680, S. 12).
Nach alledem stellen die Regelungen der Verfahrenskostenstundung gemäß §§ 4 a ff. InsO eine andere Bestimmung im Sinne des § 4 InsO dar, mit der Folge, dass die Vorschriften der Zivilprozessordnung vorliegend nicht anzuwenden sind.
b) Im übrigen ergibt sich aus der Regelung des § 114 ...