Tenor

Der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Vollstreckung des Urteils der Arrondissement-Rechtsbank Utrecht vom 20.12.1977, Az.:... für zulässig zu erklären, wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Verurteilte ist deutscher Staatsbürger und lebt in Hamburg. Er ist mit Urteil der Arrondissement-Rechtsbank Utrecht vom 20.12.1977 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. Die Strafe wurde verhängt, weil der Verurteilte am 22.9.1977 in Utrecht auf zwei Polizisten geschossen hatte, um der Festnahme zu entgehen. Er gehörte der terroristischen Vereinigung "Rote Armee Fraktion" an. Es wurde nach ihm gefahndet, da er im Verdacht stand, in Deutschland an terroristischen Anschlägen beteiligt gewesen zu sein. Im Urteil wurde festgestellt, dass der Verurteilte aufgrund eines vorgefassten Entschlusses, eine ihn festnehmende oder anhaltende Person zu erschießen, mit einem Revolver der Marke Colt, Kaliber 38 Spezial kaltblütig aus kurzem Abstand zwei gezielte Schüsse in Höhe des Bauches des Hauptwachtmeisters-Kriminalbeamten Pieterse der Gemeindepolizei in Utrecht abgegeben zu haben, so dass der Polizeibeamte lebensgefährliche Schussverletzungen erlitt und nur durch einen schnellen medizinischen Eingriff verhindert werden konnte, dass der Polizeibeamte an den Verletzungen verstarb. Weiter hat der Verurteilte aus einem Abstand von 1,5 bis 2 Metern zweimal in Richtung des Wachtmeister-Kriminalbeamten K. der Gemeindepolizei in Utrecht geschossen, wodurch der Polizeibeamte im Bauch und Oberkörper getroffen wurde und infolge der Schussverletzungen verstarb. Neben dem Revolver führte er auch eine Handgranate mit sich. Das Urteil wurde am 13. April 1978 rechtskräftig. Seit seiner Verhaftung am 22.9.1977 befand sich der Verurteilte zunächst in den Niederlanden in Haft.

Am 17. Oktober 1978 wurde der Verurteilte auf Wunsch der Bundesrepublik Deutschland nach Deutschland überstellt, da gegen ihn vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ein weiteres Strafverfahren wegen Taten, die in der Bundesrepublik begangen worden waren, durchgeführt werden sollte. Die Taten in Deutschland erstreckten sich auf den Zeitraum vom Dezember 1976 bis Juli 1977.

Die Niederlande hatte seinerzeit erwogen, die in ihrem Land begangenen Taten nicht selbst strafrechtlich zu verfolgen, sondern den Verurteilten zur gemeinsamen Aburteilung in die Bundesrepublik Deutschland zu überstellen.

Ursprünglich hatten die beiden Staaten eine vorübergehende Überstellung vereinbart. Nach Abschluss des Verfahrens in Deutschland sollte der Verurteilte zur weiteren Verbüßung wieder in die Niederlande verbracht werden, wobei die in Deutschland verbrachte Untersuchungshaft auf die niederländische Strafe angerechnet werden sollte. Nachdem das Oberlandesgericht Stuttgart ihn am 31. Juli 1980 wegen dreier vollendeter Mordtaten in Tateinheit mit der Bildung einer terroristischen Vereinigung und einer versuchten Mordtat in Tateinheit mit schwerem Raub und der Bildung einer terroristischen Vereinigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt hatte, entschlossen sich die niederländischen Behörden auf eine Rücküberstellung zu verzichten und die vorübergehende Auslieferung in eine endgültige zu verwandeln. Das niederländische Justizministerium richtete in diesem Zusammenhang am 7. November 1980 ein Schreiben an den damaligen Rechtsanwalt des Verurteilten, in dem es mitteilte, dass die Möglichkeit bestehe, die bedingte Auslieferung in eine endgültige umzuwandeln, sobald das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart rechtskräftig geworden sei. Es wurde mitgeteilt, dass der Staatssekretär der Ansicht sei, dass diese Möglichkeit im Sinne einer geordneten Rechtspflege sei, weil das Beharren auf einer Rücküberstellung von F. gemäß den getroffenen Vereinbarungen auf jeden Fall dazu führen dürfe, dass der Zeitpunkt zu dem Fxxx jemals wieder in die freie Gesellschaft zurückkehren könne, dann wahrscheinlich viel weiter in der Zukunft liegen würde. Er habe aber der deutschen Bundesregierung zu erkennen gegeben, dass seine im Vorstehenden dargelegte Absicht nicht bedeute, dass die niederländische Justiz von ihrem Anspruch auf Vollstreckung des Urteils des Landgerichts Utrecht Abstand nehmen werde. Sollte sich der Verurteilte beispielsweise seiner Strafvollstreckung in der Bundesrepublik entziehen, wolle die niederländische Justiz prüfen, welche Möglichkeiten gegeben seien, um zu veranlassen, dass er die gegen ihn in den Niederlanden verhängte Strafe nachträglich verbüße. Am 2.12.1980 sendete das niederländische Außenministerium der deutschen Botschaft eine entsprechende Note. Mit einer weiteren Note vom 3. August 1981 wurde die vorübergehende Auslieferung in eine endgültige umgewandelt.

Wegen der Taten, die Gegenstand des Urteils des Landgerichts Utrecht waren, war im Jahre 1977 ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Im Hinblick auf das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart erfolgte am 20.6.1986 eine Einstellung gemäß § 154 StPO durch die Generalbu...

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