Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung: Musikhören nur in Zimmerlautstärke
Orientierungssatz
Die in einem gerichtlichen Vergleich übernommene Verpflichtung, Musik nur in Zimmerlautstärke zu hören, ist hinreichend bestimmt, um als Grundlage der Zwangsvollstreckung zu dienen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, eine Höchstgrenze in Dezibel festzulegen.
Tatbestand
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Parteien leben in benachbarten Wohnungen. Der Antragsteller hat den Antragsgegner vor dem AG Hamburg-Wandsbek auf Unterlassung von Lärmbelästigungen, insbesondere durch lautes Musikhören, in Anspruch genommen. Die Parteien haben in jenem Verfahren einen Vergleich geschlossen, in dem der Antragsgegner sich u. a. verpflichtete, Musik nach 22.00 Uhr nur noch über Kopfhörer, im übrigen nur in Zimmerlautstärke zu hören. Die Antragstellerin begehrt jetzt im Verfahren nach § 890 ZPO die Androhung von Ordnungsmitteln.
Das AG wies den Antrag zurück, weil die im Vergleich übernommene Verpflichtung zu unbestimmt sei. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
1. Die angefochtene Entscheidung ist ein Beschluß, auch wenn sie als Urteil bezeichnet worden ist. Gegen diesen Beschluß, der den Antrag auf Erlaß eines Androhungsbeschlusses zurückweist, ist die einfache Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO gegeben (vgl. Thomas/Putzo § 890 ZPO Rn. 42).
2. Die Beschwerde der Klägerin ist zum Teil begründet. Die Zwangsvollstreckung aus einem Prozeßvergleich, der eine Verpflichtung des Schuldners im Sinne des § 890 Abs. 1 ZPO begründet, setzt voraus, daß dem Schuldner die sich aus § 890 ZPO ergebenden Ordnungsmittel in einem besonderen Beschluß angedroht werden. Diese Androhung ist auch hier hinsichtlich der unter Nr. 1 und Nr. 2 des Vergleiches eingegangenen Verpflichtungen auszusprechen. Denn der Beschluß hat unabhängig davon zu ergehen, ob bereits ein Verstoß gegen die übernommene Unterlassungspflicht vorliegt.
Nach Auffassung der Kammer ist der Vergleich auch, entgegen der Ansicht des AG, insoweit als Vollstreckungstitel geeignet und auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.
a) Die in einem Vergleich übernommene Verpflichtung, Musik nur in Zimmerlautstärke zu hören, ist hinreichend bestimmt, um als Grundlage der Zwangsvollstreckung zu dienen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, eine Höchstgrenze in Dezibel festzulegen (vgl. OLG Köln VersR 1993, 1242 zur Fassung des Titels bei Hundegebell). Denn der Begriff "Zimmerlautstärke" ermöglicht es, bei einer Musikwiedergabe von Tonträgern festzustellen, ob die Lautstärke noch oder nicht mehr vom Nachbarn hinzunehmen ist. Insbesondere wird es damit möglich, das Musikhören in einer Lautstärke, die deutlich vernehmbar über das Zimmer hinaus in die Nachbarwohnung dringt, auszuscheiden. Erforderlich ist allerdings bei richtigem Verständnis des Begriffs nicht, daß sich die Vernehmbarkeit der Musik auf den Raum des Wiedergabegerätes beschränkt und keine Geräusche zum Nachbarn dringen. Denn eine Lautstärke, die unter den gegebenen Umständen ein befriedigendes Hörerlebnis gestattet, muß dem Mieter einer Wohnung möglich sein. Erst wenn die Lautstärke über das hinausgeht, was unter Einbeziehung der baulichen Verhältnisse nicht mehr als normales Wohngeräusch in die Nachbarwohnung dringt, wird das Maß der Zimmerlautstärke überschritten. Bei dieser Abgrenzung ist sowohl auf seiten des Musikhörers als auch des Nachbarn auf die Person eines vernünftigen Mitbewohners abzustellen. Der Wunsch auf originalgetreuen Musikempfang, der einem Konzerterlebnis nahekommt, ist ebensowenig ausschlaggebend wie eine besondere Empfindlichkeit oder Musikfeindlichkeit auf der anderen Seite.
Allerdings verkennt die Kammer nicht, daß mit der Verwendung eines solchen Begriffes in einem Unterlassungstitel Schwierigkeiten in das Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO hineingetragen werden. Denn die Ausfüllung des Begriffes bedarf richterlicher Wertung und kann überdies eine Beweisaufnahme erforderlich machen. Diese Folge ist aber, wie auch in anderen Fällen der §§ 887ff. ZPO, hinzunehmen.
Der Titel ist auch nicht deswegen zu unbestimmt, weil der Vergleich die Wendung "zu normalen Tageszeiten" benutzt. Zwar bleibt nach dieser Formulierung unklar, wann der Beklagte, außer ab 22.00 Uhr, auch Musik in Zimmerlautstärke nicht hören darf. Eine Vollstreckung mit der Behauptung, der Antragsgegner habe außerhalb der normalen Tageszeiten Musik gehört, wäre daher problematisch. Die Formulierung ist aber insoweit eindeutig, als jedenfalls ein Musikhören über Zimmerlautstärke hinaus nicht gestattet ist.
Schließlich ist auch der zweite Absatz unter Nr. 1 des Vergleiches hinreichend bestimmt. Das betrifft insbesondere den Begriff "ruhestörender Lärm". Zwar könnten sich auch insoweit im Bestrafungsverfahren Subsumtionsprobleme ergeben. Das macht den Titel aber aus den bereits genannten Gründen nicht unwirksam.
b) Der Vergleich ist, entgegen der Ansicht des Antragsgegners, auch nicht wegen Sittenwidrigkei...