rechtskräftig
Verfahrensgang
AG Hamburg-Altona (Beschluss vom 09.03.2022; Aktenzeichen 303b C 5/21) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 09.03.2022, Az. 303b C 5/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500,00 EUR festgelegt.
Gründe
I.
Die gemäß §§ 269 Abs. 5 Satz 1, 567 ff. ZPO statthafte, fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 ZPO bestimmt sich die Kostentragungspflicht abweichend von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist. Die Vorschrift regelt in ihrem Anwendungsbereich eine Ausnahme von dem nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO geltenden Grundsatz, dass der Kläger nach Rücknahme der Klage verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ein „Anlass zur Einreichung der Klage” im Sinne des § 269 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 ZPO kann nur angenommen werden, wenn die Klage bei ihrer Einreichung zulässig und begründet war oder jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt vor ihrer Einreichung zulässig und begründet gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – I ZB 38/20, Rn. 18, zitiert nach juris). So liegt der Fall hier.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Aufnahme von Beschlussanträgen auf die Tagesordnung begehrt. Die Klage war unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zulässig und begründet. Denn jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes und Behandlung in der nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung, wenn sachliche Gründe vorliegen, den Gegenstand zu erörtern und zum Gegenstand der Abstimmung zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2018 – V ZR 101/16, Rn. 62, zitiert nach juris). Der Einladende hat grundsätzlich kein Recht, den gewünschten Tagesordnungspunkt auf Notwendigkeit / Richtigkeit / Sachlichkeit zu prüfen. Wenn das Ziel eines Wohnungseigentümers allerdings darin besteht, durch seinen Antrag oder durch eine Vielzahl von Anträgen einen ordnungsmäßigen Ablauf der Versammlung der Eigentümer zu gefährden oder die Versammlung ihres Zweckes zu berauben, ist sein Vorgehen nach § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Der in Aussicht genommene Beschluss darf auch nicht von vornherein rechtswidrig und also unter allen Umständen anfechtbar sein (Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 23 Rn. 93, zitiert nach beck-online). Hiervon war im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht auszugehen.
Die Klägerin hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Anliegen auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung gesetzt wird, um es mit den Wohnungseigentümern zu erörtern. Die Weigerung von Seiten der Verwalterin (vgl. E-Maile vom 18. und 24.03.2021, Anlage K 6) erfolgte nach dem zuvor genannten Maßstab in unberechtigter Weise. Ob die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift entgegengetreten ist, kann dahinstehen. Weiter kommt es auch nicht darauf an, ob das Anliegen der Klägerin ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen hätte und ob sie im Ergebnis hiermit durchgedrungen wäre. Ihre Beschlussanträge waren jedenfalls nicht von vornherein rechtswidrig und unter allen Umständen anfechtbar. Streitgegenständlich war vorliegend allein die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Aufnahme ihrer Beschlussanträge auf die Tagesordnung in der nächsten Eigentümerversammlung hatte. Dies war hier der Fall. Die Kammer teilt insoweit die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss vom 19.05.2022 (Bl. 143 f. d.A.).
II.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert orientiert sich an dem geschätzten Kosteninteresse, d.h. an der Höhe der insgesamt für das erstinstanzliche Verfahren angefallenen Gebühren (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Mai 2001 – 2 W 1363/01, Rn. 18; OLG Koblenz, Beschluss vom 13. August 2020 – 12 W 302/20, Rn. 5, beide zitiert nach juris).
Unterschriften
Wöhler Richterin am Landgericht
Fundstellen