Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung eines Urteils auf Entfernung eines Haustieres
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Ein Urteil auf Entfernung eines in der Wohnung gehaltenen Haustieres ist idR nach ZPO § 887 zu vollstrecken, weil die Entfernung im allgemeinen als eine vertretbare Handlung zu werten ist.
2. Erst dann, wenn sich eine Zwangsvollstreckung nach ZPO § 887 als undurchführbar erweist, darf der Gläubiger nach ZPO § 888 vollstrecken.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die nach § 793 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners ist begründet. Der Haftbefehl des AG war aufzuheben und der entsprechende Antrag auf seinen Erlaß zurückzuweisen, weil diese Vollstreckungsmaßnahme unzulässig ist.
Bei der Entfernung von in der Wohnung gehaltenen Haustieren handelt es sich im allgemeinen - von Sonderfällen abgesehen - um eine vertretbare Handlung, so daß eine Vollstreckung nicht nach § 888 ZPO, sondern zunächst nach § 887 ZPO in Betracht kommt (vgl. zu § 887 ZPO: Baumbach-Hartmann, 43. Aufl., Anm. 6; Zöller-Stöber, 14. Aufl., Rz. 2; OLG Hamm NJW 1966, 2415; a.A. LG Köln MDR 1963, 228). Im Verhältnis der §§ 887, 888 ZPO zueinander ist zu beachten, daß erstere Vorschrift den Schuldner weniger belastet; so daß im Zweifel nach dieser zu verfahren ist (vgl. Baumbach-Hartmann a.a.O. Anm. 2; OLG Hamm a.a.O.). Eine Handlung wird dann als vertretbar zu bewerten sein, wenn es vom Standpunkt des Gläubigers wirtschaftlich gleichgültig ist, durch wen die Handlung vorgenommen wird, und vom Standpunkt des Schuldners rechtlich zulässig ist, daß ein anderer als er selbst die Handlung vornimmt (vgl. Schneider MDR 1975, 279; OLG Bamberg MDR 1983, 499). So verhält es sich hier. Der Gläubigerin kommt es nicht auf ein persönliches Tätigwerden des Schuldners, sondern auf die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges - nämlich Entfernen der Katzen - an. Ob dies durch den Schuldner oder einen Dritten geschieht, ist für sie rechtlich ebensowenig von Belang, wie die Art und Weise, in der der Schuldner dem amtsgerichtlichen Urteil nachkommt. Der Schuldner kann sich seinerseits hierfür eines Dritten - etwa unter Einschaltung des Tierheimes oder einer Tierschutzorganisation - bedienen. Für die Unvertretbarkeit der Handlung spricht nicht, daß Haustiere sich in der Regel nur von Personen, die sie ständig pflegen und an die sie sich gewöhnt haben, einfangen lassen (so aber LG Köln a.a.O.). Ein derartiger Erfahrungssatz kann für Hauskatzen in dieser Allgemeinheit nicht anerkannt werden (so auch OLG Hamm a.a.O.); allenfalls im Einzelfall mag es zutreffen, daß ein vom Schuldner gehaltenes Tier nach seiner Art und Gewöhnung nur von diesem eingefangen werden kann. Dafür liegt nichts vor. Ebensowenig kann darauf abgestellt werden, daß es bei dem nur auf Entfernung der Tiere gerichteten Titel dem Schuldner freistehen muß, wohin er die Tiere verbringt oder ob er sie veräußert. Daß der geschuldete Erfolg durch verschiedene Möglichkeiten und Mittel herbeigeführt werden kann, nimmt der vorzunehmenden Handlung nicht den Charakter als vertretbar (vgl. OLG Zweibrücken MDR 1983, 500; OLG Hamm MDR 1983, 880). Der Dispositionsspielraum des Schuldners ist hinreichend dadurch gewahrt, daß er bis zum unmittelbaren Beginn der Vollstreckung selbst entscheiden kann, in welcher Weise er seine Pflicht erfüllt. Aus der nahen Beziehung, die häufig zwischen Halter und Tier besteht und nach den Angaben des Schuldners im Anhörungstermin v. 14.3.1985 auch im vorliegenden Fall anzunehmen ist, kann ebenfalls nichts für die Unvertretbarkeit abgeleitet werden. Daß die nahe Beziehung des Schuldners zum Objekt der Vollstreckung kein hinreichendes Kriterium für die Art und Weise der Vollstreckung ist, folgt schon aus § 33 Abs. 2 FGG (Vollstreckung bei Herausgabe von Personen).
Erst dann, wenn eine Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO sich als undurchführbar erweist, wird die Gläubigerin nach § 888 ZPO vollstrecken können.
Da die bisherige Zwangsvollstreckung unzulässig war, hat die Gläubigerin die hierdurch veranlaßten Kosten einschließlich derjenigen des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Das folgt aus § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO (vgl. dazu Zöller-Stöber, ZPO, 14. Aufl., § 788 Rz. 9, 11). Die Wertfestsetzung beruht auf § 12 GKG (900,- DM).
Fundstellen