Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Ablehnung der Richter in einem Strafprozess wegen Befangenheit. resultierend aus fehlerhaften Entscheidungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Ablehnungsantrag wegen Befangenheit der Richter, der sich nur auf angebliche Fehlerhaftigkeit von Entscheidungen dieser Richter stützt, ist unzulässig. Die Richter, die über eine derartige Ablehnung entscheiden, müssten sich im Rahmen der Begründetheitsprüfung mit den von den abgelehnten Richtern getroffenen Entscheidungen inhaltlich auseinandersetzen, wozu sie nicht befugt sind.

 

Normenkette

StPO § 26a Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Herrn W… vom 16. Dezember 2005 gegen die Richter der Kammer wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Ausführungen sind ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu begründen, und stehen daher fehlenden Ablehnungsgründen gem. § 26a I Nr. 2 StPO gleich.

Der Antragsteller rügt ausschließlich die angebliche Fehlerhaftigkeit von Entscheidungen der abgelehnten Richter und will allein daraus die Befangenheit der Richter ableiten. Dabei verkennt der Antragsteller, daß das Ablehnungsrecht nicht als Grundlage für Ablehnungsanträge herhalten kann, wenn diese ausschließlich dazu dienen, Entscheidungen oder Maßnahmen des Gerichts oder eines Mitgliedes des Gerichts einer rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Anderenfalls würde diese Auffassung dazu führen, daß die über eine derartige Ablehnung entscheidenden Richter sich im Rahmen der Begründetheitsprüfung inzidenter mit einer von den abgelehnten Richtern getroffenen Entscheidung oder Maßnahme inhaltlich auseinanderzusetzen hätten. Hierzu sind die über ein Ablehnungsgesuch entscheidenden Richter jedoch nicht befugt.

Deshalb kann die Rechtmäßigkeit von mißliebigen Entscheidungen in dem Verfahren über die Befangenheit nicht geprüft werden. Die Vorschriften über die Befangenheit dienen nicht dazu, angeblich fehlerhafte Entscheidungen anzufechten. Dies kann nur mit den dafür vorgesehenen Rechtsmitteln geschehen.

Ausnahmsweise kann ein Ablehnungsantrag, der sich auf eine rechtsfehlerhafte Behandlung stützt, gerechtfertigt sein, wenn es sich um extreme Rechtsverletzungen handelt, die ganz offenkundig sind und zugleich eine parteiliche Haltung des Richters widerspiegeln. Davon kann hier aber keine Rede sein.

Da der Ablehnungsantrag unzulässig ist, bedurfte es keiner Einholung einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter (Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 26 Rn 14 m.w.N.).

 

Unterschriften

Franke, Brückner, Specht

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1677249

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