Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietpreisüberhöhung für eine Hamburger Durchschnittswohnung: Offenkundigkeit einer Mangellage auf dem Wohnungsmarkt
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Es ist offenkundig, daß in Hamburg ein geringes Angebot an durchschnittlichen Wohnungen vorhanden ist bei verschärfter Situation seit 1989.
Zum Begriff der Offenkundigkeit.
(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
2. Von einer Offenkundigkeit einer Mangellage auf dem Wohnungsmarkt im Sinne des WiStG § 5 Abs 2 S 1 (juris: WiStrG) kann ausgegangen werden, wenn der Zustand so allgemein verbreitet ist, daß ein besonnener Mensch von seiner Wahrheit überzeugt sein kann.
3. Es ist allgemein bekannt und damit offenkundig, daß in Hamburg ein geringes Angebot an durchschnittlichen Wohnungen existiert. Der Umstand, daß sich die Nachfragesituation seit 1989 nicht entspannt, sondern noch verschärft hat, ist ebenfalls allgemein bekannt und wird durch die Bestimmung Hamburgs als eines Gebiets mit besonders gefährdeter Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen noch unterstrichen.
Gründe
Das AG hat zu Recht bejaht, daß ein geringes Angebot an Wohnraum der hier in Rede stehenden Art vorliegt. Es hat dabei an den einschlägigen Begriff angeknüpft, der nicht etwa eine Mangellage oder auch nur ein Wohnungsdefizit voraussetzt. Auch hat es zugrundegelegt, daß das geringe Angebot an vergleichbarem Wohnraum für den hier in Rede stehenden Teilmarkt allgemein bekannt ist. Von einer solchen Offenkundigkeit kann ausgegangen werden, wenn ein Zustand so allgemein verbreitet ist, daß ein besonnener Mensch von seiner Wahrheit überzeugt sein kann (vgl. LG Aurich WM 1990, 222 zur ortsüblichen Vergleichsmiete). Daß dies im Hinblick auf die Hamburger Wohnungssituation der Fall ist, soweit es sich nicht um Spitzenobjekte handelt, hat die Kammer wiederholt ausgeführt. Diese Entscheidungen sind veröffentlicht und somit allgemein zugänglich (LG Hamburg, Hamburger Grundeigentum 1986, 457, LG Hamburg WM 1989, 523, ferner die unveröffentlichten Entscheidungen v. 9.1.1990 - 16 S 49/88 -, v. 23.1.1990 - 16 S 297/87 -, v. 27.10.1992 - 316 S 253/91 -). Zu verweisen ist auch auf die allgemein zugängliche Studie der GEWOS (1985) "Entwicklung der Wohnungsnachfrage in Hamburg bis 1995", ferner GEWOS "Wohnungsmarkt und Wohnungsbedarf in Hamburg 1989". Daß sich die Nachfragesituation seit 1989 nicht entspannt, sondern noch verschärft hat, ist ebenfalls allgemein bekannt und wird durch die Bestimmung Hamburgs als eines Gebiets mit besonders gefährdeter Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen (siehe Verordnung v.31.7.1990 - GVBl. 1990, S. 165 -, Verordnung v. 18.5.1993 - GVBl. 1993, S. 98 -) noch unterstrichen. Der Beklagte hat sich in der Berufungsbegründung weder mit den veröffentlichten Quellen noch mit der allgemeinen Situation auf dem Wohnungsmarkt als Grundlage der Situation auf dem hier in Rede stehenden Teilwohnungsmarkt auseinandergesetzt. Sein Hinweis, daß ein reichliches Angebot an Eigentumswohnungen oder Luxuswohnungen unbeachtlich ist, wenn über die Vermietung einer Normalwohnung zu entscheiden ist, trifft zu und entspricht der ständigen (auch veröffentlichten) Rechtsprechung der Kammer. Nur: Es handelt sich vorliegend nicht um eine Luxuswohnung, sondern um eine eher durchschnittliche, wenn auch in guter Lage belegene Wohnung.
Fundstellen