Verfahrensgang

AG Hamburg-Blankenese (Urteil vom 28.04.2021; Aktenzeichen 539 C 3/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 28.04.2021, Az. 539 C 3/20, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.680,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft T.weg …, L.str. … in … H.. Die Parteien streiten in der Berufung weiter um die Ordnungsgemäßheit des in der Eigentümerversammlung vom 30.12.2019 gefassten Negativbeschlusses zu TOP 4 (Abberufung des Verwalters / außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags) und des Positivbeschlusses zu TOP 7 (Entlastung der Verwaltung) sowie um die gerichtliche Feststellung eines positiven Beschlussergebnisses zu TOP 4.

Wegen der tatsächlichen Feststellung wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, indem es die in der Eigentümerversammlung vom 30.12.2019 gefassten Beschlüsse zu TOP 4 und 7 für ungültig erklärt und festgestellt hat, dass der Beschluss zu TOP 4 positiv gefasst wurde. Zur Begründung hat es ausgeführt, die 37 Stimmen der durch die Verwaltung vertretenen Mehrheitseigentümerin hätten bei der Abstimmung nicht berücksichtigt werden dürfen, so dass die Annahme des Beschlusses zu TOP 4 sowie die Ablehnung des Beschlusses zu TOP 7 hätten festgestellt werden müssen. Ob die Mehrheitseigentümerin selbst einem Stimmverbot unterlegen habe, könne offenbleiben. Die Verwaltung sei jedenfalls nicht berechtigt gewesen, die Mehrheitseigentümerin bei der Stimmabgabe zu vertreten, weil sie, wenn sie Wohnungseigentümerin gewesen wäre, selbst einem Stimmverbot unterlegen hätte. Den Beweis dafür, dass die Verwaltung bei der Stimmabgabe weisungsgebunden gewesen sei, hätten die Beklagten durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde vom 18.12.2019 nicht erbracht.

Für die Feststellung und Verkündung des Beschlusses zu TOP 4 als Positivbeschluss komme es weiter nicht darauf an, ob dieser ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Das Rechtsschutzziel der Klägerin sei lediglich darauf gerichtet, festzustellen, dass der Beschluss zu TOP 4 gefasst worden sei und nicht ob dieser auch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen habe.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 29.04.2021 zugestellte amtsgerichtliche Urteil haben diese mit einem bei Gericht am 25.05.2021 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem bei Gericht am 11.06.2021 eingegangenen Schriftsatz begründet haben.

Die Beklagten wenden sich gegen das amtsgerichtliche Urteil und tragen vor, das Amtsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Stimmen der durch die Verwaltung vertretenen Mehrheitseigentümerin bei der Abstimmung über die Beschlussvorlagen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Weder die Mehrheitseigentümerin noch die Verwaltung habe einem Stimmverbot unterlegen. Zudem gehe das Amtsgericht zu Unrecht und ohne einen zuvor erteilten Hinweis davon aus, dass eine die Vertretungsmacht beschränkende Anweisung nicht bewiesen worden sei. Im Übrigen sei ein in der Vollmacht gebundener Vertreter auch dann zur Abstimmung zuzulassen, wenn in seiner Person Gründe für ein Stimmverbot vorliegen würden.

Durch die gerichtliche positive Beschlussfeststellung sei das Amtsgericht zudem von der Rechtsauffassung der Kammer (Beschluss vom 10.12.2007 – 318 T 49/07) abgewichen. Bei einer Feststellung eines (anderen) Beschlussergebnisses, seien auch sämtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe mit zu prüfen (two-in-one-Verfahren).

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 28.04.2021, Az. 539 C 3/20, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das amtsgerichtliche Urteil und trägt vor, sowohl für die Mehrheitseigentümerin als auch für die Verwaltung als ihre Vertreterin habe ein Stimmverbot vorgelegen. Eine Weisung der Verwaltung bei der streitgegenständlichen Beschlussabstimmung sei mit Nichtwissen bestritten worden. Im Rahmen des gerichtlichen Beschlussfeststellungsverfahrens sei ausschließlich ein Fehler des Versammlungsleiters korrigiert worden. Eine formelle und materielle Prüfung des Beschlusses zu TOP 4 scheide aus.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen im Berufungsverfahren Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie auch Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht den in der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 30.12.2019 gefassten Negativbeschluss zu TOP 4 (Abberufung der Verwaltung und außerordentliche Kündigung des Verwa...

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