Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietvertragsrecht: Duldungspflicht bezüglich vorbeugender Instandhaltungsmaßnahmen. Mietvertragsrecht: Geltendmachung des Duldungsanspruchs durch Wohnungseigentümergemeinschaft nach Umwandlung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Mieter ist verpflichtet, vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen (hier: Austausch der brüchigen Wasser- und Abwasserleitungen) zu dulden.
Stehen die instandsetzungsbedürftigen Teile der Mietsache nach Umwandlung des Mietwohnhauses im Gemeinschaftseigentum, ist der Duldungsanspruch von der Wohnungseigentümergemeinschaft für alle Wohnungseigentümer geltend zu machen.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Das LG hat die Beklagte verurteilt, die Erneuerung der Abwasserfalleitungen und Kaltwassersteigeleitungen, die in ihrer im 4. OG links in der X.Straße in Hamburg belegenen Wohnung, in dem mit der Ziffer 9.9 auf der Grundrißzeichnung v. 12.4.1984 mit einem blauen Punkt vermerkten Badezimmer und in dem mit der Ziffer 9.5 und / oder 9.6 auf der Grundrißzeichnung v. 12.4.1984 bezeichneten WC verlaufen, nach dem bisherigen Verlauf zu dulden.
Entscheidungsgründe
Die Beklagte ist verpflichtet, die Erneuerung der Wasserleitungen nach dem - jetzt ausreichend bestimmten - Antrag der Klägerin zu dulden.
Nach dem Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft v. 6.7.1994 ist die Klägerin prozeßführungsbefugt. Gemäß der Teilungserklärung stehen die streitgegenständlichen Steigleitungen und Falleitungen im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer, da insoweit kein Sondereigentum begründet worden ist. Der sich aus dem Mietvertrag ergebende Duldungsanspruch aus § 541a BGB steht nach der Umwandlung in Wohnungseigentum und der Veräußerung der Wohneinheiten den Wohnungseigentümern, die nach § 571 BGB hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums neben der Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten sind (vgl. KG WM 1993, 423), gemeinschaftlich zu (vgl. dazu auch Teitge, ZMR 1987, 281; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., I 13, 49).
Mit dem Beschluß v. 6.7.1994 ist die Klägerin von der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt worden, den Duldungsanspruch gegen die Beklagte im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft für alle Wohnungseigentümer geltend zu machen.
Die Beklagte ist gemäß § 541a BGB verpflichtet, die Erneuerung der Abwasserfalleitungen und Kaltwassersteigeleitungen in ihrer Wohnung zu dulden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob etwa die vorhandenen Leitungen bereits mehrfach repariert werden mußten oder erneute Leckagen unmittelbar zu befürchten sind. Unter die Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters im Sinne von § 541a BGB fallen nämlich auch Sicherungsmaßnahmen vor drohenden Schäden (Emmerich-Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., §§ 541a, 541b BGB Rn. 2; Sternel, a.a.O., II 297). Insofern sind vom Mieter auch vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen zu dulden, wenn diese nach den Umständen des Einzelfalls sachgerecht erscheinen. Dies ist hier der Fall.
Die streitgegenständlichen Bleileitungen sind unstreitig schon vor über 90 Jahren verlegt worden. Da sie nur über eine begrenzte Lebensdauer verfügen, sind künftige Materialermüdungen vorhersehbar. Hinzu kommt, daß in den übrigen Etagen des Hauses die Auswechselung der Bleileitungen mit Kupferleitungen schon erfolgt ist; an den Stellen, an denen die Blei- mit den Kupferleitungen verlötet sind, besteht wegen der verschiedenen Materialien ein gesteigertes Gefahrenpotential. Die prophylaktische Erneuerung der Wasserleitungen stellt sich folglich als sachgerechte Erhaltungsmaßnahme im Hinblick auf die Mieträume dar. In diesem Fall kann ein Vermieter nicht darauf verwiesen werden, den - kostenintensiven - Eintritt eines Wasserschadens weiter abzuwarten.
Fundstellen