Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebrauchstauglichkeit eines Wohnraums. Überbürdung der Instandhaltungspflicht auf den Mieter

 

Orientierungssatz

Zur Gebrauchstauglichkeit eines Wohnraums zählt auch, daß er in üblicher Art und mit handelsüblichen Möbeln eingerichtet werden kann.

Die Überbürdung der Instandhaltungspflicht auf den Mieter kommt allenfalls in eingeschränktem Umfang mit überschaubarem Risiko für den Mieter und unter summenmäßiger Beschränkung in Betracht (So auch LG Hannover, 27. Januar 1982, 11 S 322/81, WuM 1982, 183).

 

Normenkette

BGB §§ 536-537; AGBG § 9

 

Gründe

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß im Schlafzimmer der Wohnung der Beklagten Schimmelpilzbefall im Deckenzwickel und im Fußbodenzwickel der Süd-Ost-Ecke anzutreffen ist. Das Gutachten legt auch die Ursache für diese Erscheinungen offen, nämlich zum einen das mangelhafte Außenmauerwerk, zum anderen das Aufstellen des Schrankes an der Ostaußenwand, wodurch die Tauwasserbildung begünstigt wird. Für den Sachverständigen liegt der entscheidende Mangel in der unterlassenen Bauerhaltung seit Errichtung des Gebäudes im Jahre 1958. Indes ist nicht entscheidend, worin die Ursache der Schimmelbildung liegt, sondern daß sie festgestellt ist (so auch OLG Hamburg 4 U 3/82 Urt. v. 19.1.1983) und nicht von der Beklagten zu vertreten ist. Letzteres ist nicht der Fall und läßt sich insbesondere nicht aus der von dieser vorgenommenen Möblierung ableiten.

2. Mit Recht hat das AG angenommen, daß der Minderung nicht entgegensteht, daß die Beklagte einen bodenbündig abschließenden Schrank vor die Ostwand gestellt hat. Zwar hat der Sachverständige ausgeführt, daß diese Möblierung mitursächlich für die Schimmelpilzbildung ist. Daraus folgt indes nur, daß der Fehler des Mietobjekts erst infolge des normalen Mietgebrauchs zum Tragen kommt und augenscheinlich wird (so auch zutreffend LG Hannover WM 1982, 183; vgl. ferner AG Münster WM 1982, 185). Ließe sich die Schimmelpilzbildung nur vermeiden, indem die Beklagte den Schrank entweder gar nicht an die Außenwand oder stets erheblich abgerückt hiervon aufstellt, so wäre das Zimmer nicht uneingeschränkt gebrauchstauglich. Zur Gebrauchstauglichkeit eines Wohnraums zählt nämlich auch, daß dieser in üblicher Art und mit handelsüblichen Möbeln eingerichtet werden kann. Der Mieter einer Wohnung darf nämlich davon ausgehen, daß das Mietobjekt bauphysikalisch so beschaffen ist, daß auch große Möbel an den Außenwänden aufgestellt werden können, ohne daß sich negative Erscheinungen bemerkbar machen. Schrankwände oder bodenbündig abschließende Schränke sind seit Jahrzehnten üblich und werden auch in Altbauten sowie in Neubauten der 50er Jahre aufgestellt, ohne daß dies – für sich genommen – typischerweise zu der hier in Rede stehenden Pilzbildung (führt). Soweit gleichwohl derartige Erscheinungen auftreten, sind sie durch eine Reihe von Faktoren mitbedingt, so wie hier dem schlechten Zustand des Außenmauerwerks der Ostwand und deren unzureichende Wärmedämmung. Dabei können die Ausführungen des Sachverständigen, daß sich die baurechtlich abgesicherte Bauweise an freien und unverstellbaren Außenwänden orientiere, auf sich beruhen; denn der Sachverständige beanstandet nicht die Ausführung des Gebäudes nach dem Standard des Jahres 1958, sondern – wie erwähnt – die mangelhafte Bauerhaltung. Die Kläger verkennen zudem die amtsgerichtliche Argumentation, wenn sie meinen, das AG halte sie für verpflichtet, die Beklagte auf die Einschränkungen hinsichtlich der Möblierung hinzuweisen. Die diesbezüglichen Ausführungen im Teilurteil des AG ergeben vielmehr, daß bei einer entsprechenden Belehrung einer Minderung die Bestimmung des § 539 BGB entgegengestanden hätte.

Schließlich können die Kläger nichts zu ihren Gunsten daraus ableiten, daß die Instandhaltung der Mieträume der Beklagten überbürdet worden ist. In § 14 des Formularvertrages heiß es formularmäßig:

„Ohne Rücksicht auf Verschulden ist der Mieter verpflichtet, kleine Instandhaltungen innerhalb der Mieträume auf eigene Kosten auszuführen. Diese kleinen Instandhaltung umfassen das Beheben kleiner Schäden an den Installationsgegenständen für die Elektrizität, Wasser und Gas, den Heizeinrichtungen und Kocheinrichtungen, den Fensterverschlüssen und Türverschlüssen sowie den Verschlußvorrichtungen von Fensterläden. Ferner hat der Mieter zerbrochene Innenscheiben und Außenscheiben in den Mieträumen auf eigene Kosten zu erneuern.”

In dieser Klausel sind die Worte „kleine” bzw. „kleinen” durchgestrichen. Diese Durchstreichungen nehmen der Klausel nicht ihren Formularcharakter. Eine derartige umfassende Überbürdung der Instandhaltungspflicht verstößt gegen § 9 AGBG und ist daher unwirksam (vgl. § 6 Abs. 1 AGBG). Die Instandhaltungspflicht des Vermieters ist eine Kardinalpflicht; sie prägt den Inhalt des Mietverhältnisses (§§ 535, 536 BGB). Ihre Überbürdung auf den Mieter kommt allenfalls in eingeschränktem Umfang mit überschaubarem Risiko für den Mieter und unter summenmäßiger Bes...

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