Leitsatz (amtlich)

Weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck des § 193 Abs. 2 Nr.3 AktG kann dem Vorstand bei der Bestimmung des Ausgabebetrages ein Ermessen eingeräumt werden; die Festsetzung eines Mindestausgabebetrages durch die Hauptversammlung genügt daher nicht.

 

Tenor

1. Unter Klagabweisung im Übrigen wird auf den Hilfsantrag des Klägers der gesamte in der Hauptversammlung der Beklagten am 31. Mai 2005 unter Tagesordnungspunkt 7 gefasste Beschluss für nichtig erklärt.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Ermächtigung des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre für auszugebende Wandelschuldverschreibungen und über eine bedingte Kapitalerhöhung zur Bedienung des Umtausch- oder Bezugsrechts.

Der Kläger ist – zuletzt nicht mehr bestritten – Minderheitsaktionär der Beklagten und nahm, vertreten durch seinen nachmaligen Prozessbevollmächtigten, an deren Hauptversammlung am 31. Mai 2005 teil. Hierbei stimmte dieser gegen den unter Tagesordnungspunkt 7 gestellten Beschlussantrag von Vorstand und Aufsichtsrat und legte gegen den mit der erforderlichen Mehrheit gefassten Beschluss Widerspruch ein.

Unter dem Tagesordnungspunkt 7 bzw. den vier Unterpunkten hierzu beschloss die Hauptversammlung in wörtlicher Übernahme des Vorschlages,

  • (7.1) eine früher beschlossene Ermächtigung zur Ausgabe von Options- und / oder Wandelanleihen und / oder Genussrechten aufzuheben und neu zu beschließen und gleichfalls früher gefasste Beschlüsse über die Schaffung bedingten Kapitals zu ändern;
  • (7.2) den Vorstand zu ermächtigen, neue Anleihen oder Genussrechte auszugeben, deren Bedingungen einschließlich des Umtauschverhältnisses und des Wandlungs- / Optionspreises – wie näher unter (iii) und (iv) des Tagesordnungsunterpunktes dargestellt – zu gestalten und das Bezugsrecht der Aktionäre teilweise auszuschließen (ii);
  • (7.3) das Kapital erneut bedingt zu erhöhen unter Gewährung neuer Aktien an die Inhaber der neuen Anleihen oder Genussrechte, und zwar zu den für deren Ausgabe festzusetzenden Wandlungs- und / oder Optionspreis;
  • (7.4) die Satzung entsprechend zu ändern.

Wörtlich lautet der Beschluss u.a.:

„7.2 Ermächtigung”

(ii) Bezugsrecht, Bezugsrechtsausschluss

Der Vorstand ist jedoch mit Zustimmung des Aufsichtsrats ermächtigt, das Bezugsrecht der Aktionäre auf die Anleihen bzw. auf die Genussrechte mit Wandlungs- oder Optionsrecht auszuschließen, sofern der Ausgabepreis den nach anerkannten finanzmathematischen Methoden ermittelten theoretischen Marktwert der Teilanleihen bzw. Genussrechte nicht wesentlich unterschreitet. Zur Ermittlung des Marktwertes ist ein Gutachten einer anerkannten Investmentbank oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einzuholen, das bestätigt, dass der Ausgabepreis den Marktwert nicht wesentlich unterschreitet. Die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss gilt jedoch nur für Teilanleihen oder Genussrechte mit einem Wandlungs- oder Optionsrecht auf Aktien mit einem anteiligen Betrag des Grundbetrag von bis zu 10 % des bei der Ermächtigung vorhandenen Grundkapitals der Gesellschaft …

(iv) Wandlungs-/Optionspreis

Der jeweils festzusetzende Wandlungs- oder Optionspreis für eine Aktie muss auch bei einem variablen Umtauschverhältnis / Wandlungspreis entweder mindestens 80 % des rechnerischen Durchschnitts des Schlusskurses der Aktie der Gesellschaft an der Frankfurter Wertpapierbörse im X.-Handel … an den zehn Börsentagen vor dem Tag der Beschlussfassung durch den Vorstand über die Begebung der Anleihen betragen oder mindestens 80 % des rechnerischen Durchschnitts des Schlusskurses der Aktie der Gesellschaft an der Frankfurter Wertpapierbörse im X.-Handel … während der Tage, an denen die Bezugsrechte auf die Anleihen bzw. Genussrechte an der Börse gehandelt werden …, entsprechen

(7.3) Bedingtes Kapital

… a.)

(iii) Die aus dem bedingten Kapital I und II stammenden Erhöhungsbeträge … dienen der Gewährung von neuen Aktien an die Inhaber bzw. Gläubiger von Options- und / oder Wandelanleihen und / oder Genussrechten mit Wandlungs- oder Optionsrecht, die gemäß dem vorstehenden Ermächtigungsbeschluss unter Ziffer 7.2 begeben werden. Die Ausgabe der neuen Aktien erfolgt dem gemäß vorstehender Ziffer 7.2 jeweils festzulegenden Wandlungs- und / oder Optionspreis …

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlusses sowie wegen des Berichts des Vorstandes zu Tagesordnungspunkt 7 wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Der Kläger hält die Beschlussfassung über den Wandlungs- / Optionspreis für nichtig, mindestens anfechtbar, weil die Hauptversammlung ihn weder bestimmt noch bestimmbar beschlossen, sondern – vom Mindestbetrag abgesehen – dem Ermessen des Vorstandes überantwortet habe. Für den Bezugsrechtsausschluss könne sich die Beklagte nicht, wie im Vorstandsbericht geschehen, auf die entsprechende Regelung bei einer r...

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