Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 13.01.1994; Aktenzeichen 37b C 1137/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg (37 b C 1137/93) vom 13.1.1994 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Die Kammer hat den Arzt Dr. … als sachverständigen Zeugen gemäß Beweisbeschluß vom 7.6.1994 mit dem aus der Sitzungsniederschrift vom 30.6.1994 ersichtlichen Ergebnis vernommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; die Kammer setzt den Berufungswert für die Klage auf Erlaubnis (bzw. Abschaffung) eines Hundes nach ihrer neueren Praxis auf DM 3.000,– fest. Sie trägt damit dem Umstand Rechnung, daß das ideelle Interesse des Mieters an der Haltung eines Tieres auch streitwertmäßig hinreichend beachtet werden muß (vgl. auch LG Mannheim ZMR 1992, 545). Soweit auf das Interesse des Vermieters abzustellen ist, ist die generalpräventive Bedeutung des Tierhalteverbots zu beachten.

III.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat ihre Widerklage auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung eines Hundes in ihrer Mietwohnung zu Recht abgewiesen; denn ihnen steht ein hierauf gerichteter Anspruch nicht zu.

1. Die Beklagten gehen zu Unrecht davon aus, daß das vertragliche Verbot der Hundehaltung, wie es sich aus Ziffer 12 der Anlage zum Mietvertrag erschließt, unwirksam ist. Die fragliche Bestimmung lautet:

„Dem Mieter ist ohne besondere Genehmigung gestattet, Zierfische, Ziervögel, Goldhamster u.ä. Kleingetier zu halten. Dagegen kann das Halten von größeren Haustieren, insbesondere von Hunden aufgrund der in der Vergangenheit gemachten schlechten Erfahrungen (Beschwerden aus Belästigungen von Mitmietern) ausnahmslos nicht genehmigt werden.”

Sie stellt eine speziellere und eigenständige Regelung gegenüber § 23 Abs. 1 des Formularmietvertrages dar. Jene Bestimmung hat zum Inhalt:

„Haustiere dürfen nur mit vorheriger schriftlicher Einwilligung des Vermieters gehalten werden. Dies gilt auch für die zeitweilige Verwahrung von Tieren. Die einmal erteilte Einwilligung kann bei Eintritt von Unzuträglichkeiten widerrufen werden; sie erlischt beim Tode oder bei Abschaffung des Tieres”.

Nach Nr. 12 S. 1 der Zusatzbestimmungen braucht der Mieter abweichend von § 23 des Mietvertrages eine Erlaubnis für das Halten von Kleintieren nicht einzuholen. Die Formulierung in Nr. 12 S. 2 enthält im Ergebnis ein Verbot der Tierhaltung. Erklärt nämlich der Vermieter im Mietvertrag, daß er das Halten von Hunden ausnahmslos nicht genehmigen werde, und nimmt der Mieter durch seine Unterschrift unter den Mietvertrag diese Erklärung hin, ohne zu widersprechen, so ist dadurch der Rahmen eines sonst möglicherweise gegebenen vertraglichen Gebrauchsrechts oder eines dieses Recht nur einschränkenden Erlaubnisvorbehalts ausgeschöpft. Es ist allgemein anerkannt und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Halten von Hunden im Mietvertrag vertraglich – auch formularmäßig – ausgeschlossen werden darf (vgl. BVerfG – Beschluß vom 21.2.1980 – WM 1981, 77, Bub-Trier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., Rn. III A 1039, Sternel Mietrecht, 3. Aufl. Rn. II 168, ferner OLG Hamburg, FWW 1962, 478, anders OLG Frankfurt WM 1992, 56 für den Fall, daß gegen das Übermaßverbot verstoßen wird). Davon ist die Kammer auch in ihrer bisherigen Rechtsprechung ausgegangen (LG Hamburg MDR 1982, 146, ferner MDR 1986, 937 für Erlaubnisvorbehalt). Entgegen der Auffassung der Beklagten erschöpft sich die Regelung in Nr. 12 nicht in einer bloßen Erläuterung des § 23 Abs. 1 Mietvertrag, sondern stellt eine eigenständige Regelung dar. Demzufolge kommt es nicht darauf an, daß § 23 S. 1 des Mietvertrages schon deshalb unwirksam ist, weil die Klausel das Halten von Kleintieren nicht ausnimmt und deswegen gegen das Übermaßverbot Verstößt (OLG Frankfurt a.a.O.) oder weil die Erlaubnis an die Schriftform geknüpft ist (so BGH NJW 1991, 1750). Wegen der Unwirksamkeit der erwähnten Klausel braucht auf die von den Beklagten aufgeworfene – im übrigen auch zu verneinende – Frage, ob das Verhältnis zwischen § 23 Abs. 1 Mietvertrag und Nr. 12 der Zusatzvereinbarung unklar ist und deshalb beide Regelungen entfallen, nicht weiter eingegangen zu werden.

2. Es ist nicht rechtsmißbräuchlich, daß sich die Klägerin auf das vertragliche Verbot der Hundehaltung beruft Ein solcher Mißbrauch kann ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn eine Rechtsgüterabwägung ergibt, daß das Interesse an der Aufrechterhaltung des vertraglichen Verbots deutlich hinter dem davon betroffenen Interesse des anderen Vertragsteils zurückbleibt. Das wird insbesondere dann naheliegen, wenn höchstpersönliche Rechtsgüter wie die Gesundheit betroffen sind. Die Gerichts sind nämlich gehalten, das verfassungsrechtliche Gebot, eine mögliche Gefährdung von Leben und Gesundheit mit besonderer Sorgfalt zu prüfen (vgl. BVerfG – Beschluß der 1. Kammer vom 14.1.1992 – 1 ...

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