Entscheidungsstichwort (Thema)
Tierhaltung
Orientierungssatz
Haben die Parteien im Mietvertrag keine Vereinbarung über die Tierhaltung getroffen, so ist der Mieter auch ohne Genehmigung des Vermieters berechtigt, einen Hund in der Wohnung zu halten.
Tatbestand
Die Beklagten sind Mieter in dem Mehrfamilienhaus der Kläger in H., H.-Straße 58c. Ein schriftlicher Mietvertrag besteht zwischen den Parteien nicht. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten berechtigt sind, einen Hund in der Wohnung zu halten.
Hinsichtlich des Sachverhaltes im einzelnen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Hamburg, Abt 43a, vom 9. April 1976 Bezug genommen.
Durch dieses Urteil sind die Beklagten antragsgemäß verurteilt worden, die Haltung eines Hundes in der Wohnung H., H.-Straße 58c III. Stock zu unterlassen. Für die Entfernung des zur Zeit von ihnen in der Wohnung gehaltenen Hundes ist ihnen eine Frist bis zum 20. Mai 1976 gesetzt worden.
Auf die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils wird verwiesen.
Mit ihrer Berufung wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung. Sie wiederholen ihr Vorbringen vor dem Amtsgericht und tragen ergänzend vor:
Die Haltung des Hundes stelle keinen vertragswidrigen Gebrauch der Wohnung dar. Da zwischen ihnen und den Klägern eine Vereinbarung über die Hundehaltung bei Abschluß des Mietvertrages nicht getroffen worden sei, die Kläger mithin die Tierhaltung nicht untersagt hätten, müsse die Hundehaltung als grundsätzlich erlaubt angesehen werden, solange keine Belästigungen und Beeinträchtigungen der Mietsache oder der anderen Hausbewohner erfolge. Der Ansicht des Amtsgerichts, daß die Tierhaltung ohne Genehmigung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch darstelle, könne daher nicht gefolgt werden. Zu berücksichtigen sei dabei auch, daß gegenüber früheren Zeiten ein Wandel in der Auffassung der Bevölkerung betreffend die Tierhaltung eingetreten sei, der auch in den neuen Bestimmungen des Mustermietvertrages des Bundesjustizministeriums zum Ausdruck gekommen sei.
Störungen oder Belästigungen gingen von dem von ihnen gehaltenen Wolfspitz nicht aus. Der Vorfall vom 23. Dezember 1975 - an diesem Tage hatte der Hund einen "See" vor der Wohnung der Mieter H. gemacht - habe sich nicht wiederholt.
Im vorliegenden Falle komme hinzu, daß sie ein schutzwürdiges Interesse an der Hundehaltung hätten, da der Hund für ihren Sohn eine therapeutische Funktion habe, wie aus dem Gutachten vom 30. März 1976 des Universitätskrankenhauses E. hervorgehe.
Die Beklagten beantragen daher,
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts die Kläger mit der Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das amtsgerichtliche Urteil, wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und tragen weiterhin vor:
Die Tatsache, daß kein schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen worden sei, rechtfertige nicht den Schluß, den Vermietern liege nichts an dem Verbot der Tierhaltung. Solange kein Hund in den Häusern der Kläger gehalten worden sei, habe sich eine Vereinbarung über eine Tierhaltung durch die Mieter erübrigt. Erst als die Beklagten sich einen Hund angeschafft hätten, hätten die Kläger dessen Entfernung verlangt. Die Beklagten hätten gegen das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter verstoßen, indem sie sich, nachdem ihnen durch die Schreiben der Kläger vom 24. September und 7. November 1975 (Anlage Bf 1 und 2) bekannt gewesen sei, daß die Kläger keinen Hund in der Mietwohnung wünschten, nach dem Tode ihres ersten Hundes den Wolfspitz angeschafft hätten.
Der Hund störe, da er nicht nur das Treppenhaus beschmutzt habe, sondern auch vormittags und nach 20.00 Uhr belle. Der Sohn der Beklagten sei nicht derart sprachbehindert, daß er als Gesprächskontakt eines Hundes bedürfe.
Hinsichtlich des Vortrages der Parteien wird im übrigen ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Die Kläger können von den Beklagten nicht die Entfernung ihres Hundes verlangen, da im vorliegenden Fall die Hundehaltung der Beklagten keinen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache darstellt.
Entscheidend ist darauf abzustellen, daß die Parteien bei Abschluß des Mietvertrages über eine Hundehaltung durch die Beklagten keine Vereinbarung getroffen haben. Macht der Vermieter von seinem Recht, das Halten von Tieren in der Mietwohnung zu untersagen, bei Vertragsabschluß wie im vorliegenden Fall keinen Gebrauch, so ist davon auszugehen, daß der Mieter berechtigt ist, die üblichen Haustiere wie Hund oder Katze, in der Mietwohnung zu halten. Die Kammer vermag sich nicht der von dem Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil wiedergegebenen Ansicht, die auch von einem Teil der Rechtsprechung vertreten wird, anzuschließen, daß in Mehrfamilienhäusern stets die Genehmigung des Vermieters zur Hundehaltung erforderlich ist. Das Halten eines Hundes betrifft die allgemeine Lebensführung des Miete...