Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Ein Baumangel liegt vor, wenn aufgrund der vorgegebenen Baukonstruktion Feuchtigkeitsschäden nur durch extremes, für den Mieter nicht mehr zumutbares Lüften und Heizen vermieden werden können. Dem Mieter kann es aber zumutbar sein, durch entsprechend angepaßtes Wohnverhalten das Ausmaß der Schäden einzugrenzen.

 

Gründe

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Zum anderen ist die vermietete Wohnung deshalb mangelhaft, weil baukonstruktionsbedingte Feuchtigkeitsschäden mit Schimmelpilzbefall an den Außenwänden von Kinderzimmer, Küche und Bad aufgetreten sind.

Hinsichtlich der sachverständigerseits festgestellten Feuchtigkeitsschäden ist zwischen den Parteien zwar unstreitig, daß diese nicht auf Undichtigkeiten der Außenmauern, also nicht auf durchgeschlagenem Regenwasser beruhen. Es handelt sich bei der Feuchtigkeit vielmehr um Oberflächentauwasser, welches sich aus der Raumluft an den Außenwänden als Kältebrücken niederschlägt.

Die Parteien streiten jedoch darüber, ob die Bildung des Tauwassers und die dadurch bedingten Feuchtigkeitsschäden auf Baumängel (unzureichende Wärmeisolierung) oder auf falsches Wohnverhalten (unzureichendes Heizen und Lüften) zurückzuführen ist.

Nach Überzeugung der Kammer sind beide Faktoren für das konkrete Ausmaß der festgestellten Feuchtigkeitsschäden verantwortlich.

Soweit die Klägerin die Ursache allein im Wohnverhalten der Beklagten sieht, bezieht sie sich zur Begründung insbesondere auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Architekten M., der nach Besichtigung von drei Vergleichswohnungen ohne Feuchtigkeitsschäden im gleichen Wohnblock zu der Schlußfolgerung gelangt, der festgestellte Unterschied zwischen den Wohnungen sei nur mit verschiedenem Wohnverhalten begründbar.

Die Klägerin beruft sich ferner darauf, daß sowohl nach den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen H. als auch nach dem Privatgutachten des Architekten M. das Gebäude entsprechend den bei Errichtung geltenden Wärmeschutz-DIN-Vorschriften erbaut worden ist. Sie meint, ein Baumangel liege daher nicht vor und ergebe sich auch nicht aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten. Die Beklagte hätte ihr Wohnverhalten vielmehr der vorhandenen Baukonstruktion anpassen und die Entstehung von Kondenswasser durch verstärktes Heizen und Lüften verhindern können und müssen.

Die Kammer verkennt nicht, daß durch Oberflächentauwasser verursachte Feuchtigkeitsschäden notwendigerweise in engem Zusammenhang mit dem jeweiligen Raumklima stehen. Denn das Ausfallen von Kondenswasser an relativ kälteren Flächen (Außenwänden) ist abhängig von der Raumtemperatur und der Luftzirkulation. Damit ist jedoch jegliche Tauwasserbildung - unabhängig von der vorgegebenen Baukonstruktion - durch entsprechendes - gegebenenfalls extrem starkes - Lüften und Heizen letztendlich vermeidbar. Insofern dürfte es auch im vorliegenden Fall für die Beklagte möglich gewesen sein, die festgestellten Feuchtigkeitsschäden jedenfalls zum Teil durch ein entsprechend angepaßtes Wohnverhalten zu vermeiden. Dies wird deutlich, wenn der Sachverständige M. in den Vergleichswohnungen keine Feuchtigkeitsschäden festgestellt hat. Die von diesem Sachverständigen gezogene Schlußfolgerung, der Unterschied zwischen der von der Beklagten bewohnten Wohnung und den besichtigten Vergleichswohnungen hinsichtlich der festgestellten Feuchtigkeitsschäden sei durch verschiedenes Wohnverhalten erklärbar, ist durchaus nachvollziehbar.

Daraus folgt jedoch nicht zwingend, daß die von der Beklagten bewohnte Wohnung frei von Baumängeln ist. Nach Auffassung der Kammer, die sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen H. anschließt, ist hier aufgrund der vorgegebenen Baukonstruktion das Gegenteil der Fall.

Ein Baumangel liegt nämlich auch dann vor, wenn aufgrund der vorgegebenen Baukonstruktion, hier insbesondere der Wärmedämmung der Außenwände, bei "normalen" Außentemperaturen und Raumklima Kondenswasser ausfällt, das nur durch extremes, für den Mieter nicht zumutbares Lüften und Heizen vermieden werden kann (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 47. Aufl., § 537 Anm. 2e).

Dabei kann es nur auf die konkret getroffenen Feststellungen und nicht darauf ankommen, ob ein Gebäude zum Zeitpunkt der Errichtung desselben oder zum gegenwärtigen Zeitpunkt den geltenden DIN-Vorschriften entspricht.

Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige H. rechnerisch nachgewiesen, inwieweit die Außenwände von der Konstruktion her anfällig für Oberflächentauwasser sind, so daß es der Einholung eines weiteren Gutachtens nicht mehr bedurfte. Das schriftliche Gutachten stellt ausdrücklich fest:

"Der rechnerische Nachweis zeigt, daß die Wärmedämmung der Wandkonstruktion, auch wenn sie den zur Zeit der Erstellung des Gebäudes nach DIN 4108 maßgeblichen Mindestwert des Wärmeschutzes nicht unterschreitet, dennoch nicht ausreicht, um auch die Innenseiten der Gebäudeecken bei kalten Außentemperaturen dauerhaft vor dem Ausfall von Ob...

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