Verfahrensgang
AG Hannover (Urteil vom 27.06.1990; Aktenzeichen 524 C 2814/90) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Juni 1990 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover – 524 C 2814/90 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie hat jedoch sachlich keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage des Klägers im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
Die auf Eigenbedarf gemäß § 564 b II 1 BGB gestützte Kündigung ist nämlich nicht zulässig, weil hier ein Mietverhältnis zu Gunsten der Beklagten auf Lebenszeit i.S. von § 567 S. 2 BGB besteht. Nach der letztgenannten Vorschrift ist die Kündigung unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Mieters geschlossen ist. Voraussetzung ist die Wahrung der Schriftform des § 566 BGB (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. IV 274). Die schriftliche Vereinbarung zwischen dem … und den Beklagten vom 24.10.1974 stellt einen solchen Vertrag auf Lebenszeit zu Gunsten der Beklagten dar. Wenn es auch im Vorspruch heißt, ein Mietvertrag sei überflüssig, so handelt es sich doch um eine mietvertragliche Regelung. Die anschließend getroffene Abrede, daß die Miete nach der Festsetzung im sozialen Wohnungsbau berechnet werden sollte, enthält nämlich als wesentlichen Inhalt des Vertrages die entgeltliche Überlassung von Wohnraum. Wenn dann weiter erklärt wird, die Beklagten könnten von … bzw. von dessen Erbnachfolgern nicht gekündigt werden, so kann dies unter Berücksichtigung der Tatsache, daß diese Formulierung von rechtlichen Laien stammt, nur dahin verstanden werden, daß die Kündigung durch den jeweiligen Vermieter unzulässig sein sollte. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß … auch seine Erbnachfolger binden wollte. Wenn auch von anderen Rechtsnachfolgern wie Käufern nicht gesprochen wird, so mag das daran liegen, daß der frühere Vermieter an den Verkauf der Wohnung nicht nicht gedacht hat. Mangels jeglicher entgegenstehender Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, daß er einen Übergang des Schutzrechtes des Mieters im Falle der Veräußerung der Wohnung ausschließen wollte.
Diese Kündigungsbeschränkung ist auf den Kläger gemäß § 571 BGB übergegangen, und zwar unabhängig davon, ob der ursprüngliche Erwerber der Wohnung oder der Kläger davon Kenntnis hatte oder nicht (vgl. RE OLG Karlsruhe, ZMR 85, 122, 125, siehe auch Palandt, Kom. zum BGB, 49. Aufl. § 571, Anm. 1 a zu § 571; Emmerich/Sonnenschein Mietrecht, 5. Aufl. 89, 571 Anm. 23). Der Kläger hätte hier bei Erwerb der Wohnung die Vorlage der Mietvertragsvereinbarungen verlangen und dann rechtzeitig erkennen können, daß eine Eigennutzung sich möglicherweise nicht durchsetzen lassen würde (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Die entsprechende Unterlassung geht zu seinen Lasten.
Der Übergang der Kündigungsbeschränkung schließt hier ein Vorgehen des Klägers nach § 564 Abs. 2 Nr. 2 BGB aus (Sternel, a.a.O. IV 274). Soweit das OLG Karlsruhe (a.a.O.) die Eigenbedarfskündigung dann doch für zulässig hält, wenn die dafür geltend gemachten Gründe ausnahmsweise die verschärften Voraussetzungen eines wichtigen berechtigten Interesses erfüllen, gilt diese Einschränkung nur für die im dortigen Vertrag mit der Genossenschaft gewählten Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit bei Vorliegen eines solchen wichtigen berechtigten Interesses. Das OLG Karlsruhe billigt jedoch ausdrücklich die Rechtsprechung der dort zitierten Landgerichte Waldshut-Tiengen (NJW 59/154) und andere, die die Kündigung wegen Eigenbedarfs in solchen Fällen generell versagt haben, in denen die Kündigung wie hier umfassend ausgeschlossen war.
Diese Würdigung widerspricht auch nicht den vom BVerfG (NJW 89/970 ff) und Henschel (NJW 89/937 ff) herausgearbeiteten Grundsätzen zum Spannungsverhältnis zwischen § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB und Art. 14 GG. Dort wird nämlich nur die Auslegung des Begriffes Eigenbedarf selbst erörtert. Nimmt der Vermieter jedoch wie hier eine entsprechende Kündigungsbeschränkung freiwillig hin, so wird Art. 14 GG nicht tangiert.
Die Berufung ist danach zurückzuweisen, ohne daß es auf die Fragen, ob das Kündigungsschreiben ausreicht, ob eine spätere Umschichtung des Eigenbedarfs möglich ist oder ob dann neu mit neuen Fristen gekündigt werden muß, ankommt.
Der Kostenausspruch beruht auf § 97 ZPO.
Fundstellen