Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung. Schmerzensgeld
Nachgehend
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,– EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.2.2003 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den materiellen Schaden und den zukünftigen, nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, der kausal darauf zurückzuführen ist, dass es der Beklagte am 20.10.1999 unterließ, dem Kläger die Vornahme einer Augenhintergrunduntersuchung in Pupillenweitstellung anzuraten.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers gegen den Beklagten geltend.
Der Kläger begab sich am 20.10.1999 nach telefonischer Terminabsprache in die ambulante augenärztliche Behandlung des Beklagten. Der Kläger teilte dem Beklagten mit, dass er Ende September 1999 eines Abends, als er durch den dunklen Garten lief, für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie eine „blitzartig herabstürzende Sternschnuppe” beziehungsweise eine Art Kometenschweif bemerkt habe. An diesem Abend habe sich dieses Vorkommnis kurzfristig noch ca. zwei bis drei Mal wiederholt und sei dann verschwunden. Er teilte des weiteren dem Beklagten mit, dass er in den folgenden Wochen nach diesem Ereignis eine zunehmende Müdigkeit im Bereich des linken Auges bemerkt habe, die er sich mit seinem anhaltenden Berufsstress als Arzt erklärt habe. Darüber hinaus bemerkte der Kläger in der Folgezeit eine nachlassende Sehstärke des linken Auges und hatte das Empfinden, durch Schlieren zu sehen.
Der Beklagte untersuchte den Kläger am 20.10.1999, wobei er zu folgenden Diagnosen gelangte: Myopie, Astigmatismus, Pupillenexcavation, arcus lipoides comae. Der Beklagte erläuterte dem Kläger, dass er mit der Verordnung einer Lesebrille über kurz oder lang rechnen müsse, da dies alterstypisch sei. Darüber hinaus teilte er ihm mit, dass noch eine Augenhintergrunduntersuchung in Pupillenweitstellung vorgenommen werden könne, welche an diesem Tag jedoch nicht durchgeführt wurde. In der Patientenkartei des Beklagten findet sich am Rand der Eintrag „MYDR”. Der Beklagte teilte darüber hinaus dem Kläger mit, er solle sich bei Befundverschlechterung wieder vorstellen.
Der Kläger trägt vor,
der Beklagte habe ihm weder eine Verlaufskontrolle noch eine Kontrolluntersuchung im Falle einer fehlenden Befundverschlechterung angeraten. Er habe ihm lediglich eine Augenhintergrunduntersuchung bei Befundverschlechterung angeraten. Dies stelle einen Behandlungsfehler dar. Es würde sich dabei auch um einen groben Behandlungsfehlern handeln, da es zum augenärztlichen Standard gehöre, dass nach der Schilderung des Klägers von Blitzwahrnehmungen unter ähnlichen Symptomen eine Augenhintergrunduntersuchung in Pupillenweitstellung vorzunehmen sei. Die geschilderten Blitze seien in bis zu ca. 10 % aller Fälle typisch für einem Netzhautriss bzw. für eine Netzhautablösung. Da der Beklagte diese Untersuchung nicht durchgeführt habe, habe eine Glaskörperabhebung nicht festgestellt werden können. Es handele sich dabei um eine einfache, grundlegende Diagnoseerhebung, deren Unterlassung als grober Behandlungsfehler einzuordnen sei.
Auch die Dokumentation des Beklagten sei unzureichend. Aus dieser ergebe sich gerade nicht, dass der Beklagte den Kläger auf die erforderliche Augenhintergrunduntersuchung in Pupillenweitstellung hingewiesen habe. Der Eintrag in den Krankenunterlagen „MYDR” sage nichts darüber aus, ob der Beklagte den Kläger darauf hingewiesen habe. Ein Hinweis auf eine erforderliche Untersuchung sei jedoch in jedem Fall zu dokumentieren.
Obwohl es in der Folgezeit zu keiner Befundverschlechterung gekommen sei, habe der Kläger am 21.1.2000 einen anderen Augenarzt aufgesucht, da er eine „second opinion” habe einholen wollen. Bei der Untersuchung durch Dr. … sei eine Augenhintergrunduntersuchung in Pupillenweitstellung durchgeführt worden und dabei folgende Diagnosen getroffen worden: 2 Netzhauteinrisse, ein Hufeisen- und ein Rundlochforamen sowie in der Folge eine weitgehende Netzhautablösung, die bis nahe an die Makula herangereicht habe. Der Kläger sei daraufhin am 22.01.2000 in der Universitätsaugenklinik Heidelberg operiert worden. Zwei Tage später habe eine zweite Augenoperation durchgeführt werden müssen. Wegen einer epiretinalen Gliose habe sich der Kläger am 3.11.2000 einer dritten Operation unterziehen müssen. Schließlich sei am 23.5.2001 eine vierte Operation am linken Auge durchgeführt worden. Auch heute noch leide der Kläger unter einem Fremdkörpergefühl, welches auf die eingesetzte Plombe im Auge zurückzuführen sei. Wegen der Sehverschlechterung...