Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe einer Willenserklärung

 

Verfahrensgang

AG Heidelberg (Urteil vom 14.03.1991; Aktenzeichen 21 C 17/91)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 14.03.1991 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 30.10.90 (I. 17.) ist unwirksam, weil es nur an die Beklagte und nicht auch an ihren im Jahre 1988 von ihr geschiedenen Ehemann … gerichtet wurde, welcher den Mietvertrag vom 01.07.78 (I. 9.) als Mitmieter abgeschlossen und unterzeichnet hat. Denn ein Mieterhöhungsverlangen ist grundsätzlich an alle Mieter zu richten, weil mehrere Mieter die Zustimmung zur gesamten Hand als unteilbare Leistung schulden (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, III. 369. m.w.N.). Da das auf Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses nach § 2 Abs. 1 MHG gerichtete Verlangen das Angebot zum Abschluß eines Änderungsvertrages ist, kann die nach § 2 MHG von den Mietern geschuldete Leistung, bei dem Vorliegen der Voraussetzungen, das Änderungsangebot des Vermieters anzunehmen, nur von allen Mietern übereinstimmend erbracht werden (KG, RE 05.12.85 = WuM 86, 106 unter Ziff. III a m.w.N.). Die in § 22 Nr. 2 des Mietvertrages vorgesehene Bevollmächtigung zur Annahme von Erklärungen mit Wirkung für und gegen jeden Mitmieter macht das Erhöhungsverlangen nicht wirksam, weil es bei wirksamer Bevollmächtigung an den Vertretenen gerichtet werden müßte (vgl. KG, RE 25.10.84 unter Ziff. II. 3., WuM 85, 12), was vorliegend nicht geschehen ist. Ob die von der Beklagten mit Schreiben vom 26.12.90 (I. 21.) erklärte teilweise Zustimmung zur Mieterhöhung als Einzelvereinbarung wirksam war, kann dahinstehen (vgl. dazu KG, RE 5.12.85, Ziff. III. a), weil, es hier um die von den Mietern geschuldete Erhöhung darüber hinaus geht.

Zur Zeit des Mieterhöhungsverlangens war der geschiedene Ehemann der Beklagten noch Mietvertragspartner der Klägerin. Die Klägerin hat keinen Sachverhalt vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus dem sich ergibt, daß der frühere Mitmieter wirksam aus dem Vertrag ausgeschieden ist. Denn dies hätte nur durch einen ggf. auch durch schlüssiges Handeln geschlossenen Vertrag zwischen der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgänger, dem ausgezogenen Mitmieter und der Beklagten geschehen können (vgl. BayObLG, Beschluß 21.02.83, Ziff. II. 2. a = WuM 83, 107; OLG Frankfurt WuM 91, 76). Ein Ehemann, der – wie hier – gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Wohnung als Ehewohnung gemietet hat, kann nur mit Einverständnis seiner Ehefrau aus dem Mietverhältnis ausscheiden. Ein solches Einverständnis kann nicht ohne weiteres aus einer mit dem Auszug des Ehemannes verbundenen Trennung der Eheleute gefolgert werden (vgl. BayOblG a.a.O.), auch die Ehescheidung und die dabei unter den geschiedenen Eheleuten vereinbarte Freistellung von Mietverbindlichkeiten im Innenverhältnis reicht dafür nicht aus (vgl. auch BGH WuM 91, 550, VU vom 10.7.90).

Weil es an der Mitwirkung der Beklagten fehlt, kann offenbleiben, ob die Klägerin oder ihre Rechtsvorgänger den Mitmieter aus dem Mietverhältnis entlassen hat.

Es bleibt noch zu prüfen, ob es ausnahmsweise wegen besonderer Umstände nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zulässig war, die Mieterhöhungserklärung allein gegenüber der in der Mietwohnung verbliebenen Mitmieterin/Beklagten zu erklären. Mit dieser Problematik hat sich für den ähnlich zu beurteilenden Fall der Kündigung das OLG Frankfurt näher befaßt (negativer Rechtsentscheid 13.12.90, WuM 91, 76) und dazu u.a. ausgeführt, die aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses abgeleiteten Grundsätze könnten nicht ausnahmslos Geltung auch dann beanspruchen, wenn im Einzelfall das Festhalten an der Erklärung gegenüber beiden Eheleuten überspitzt formalistisch erscheine. Wann solches der Fall sei, müsse für den Einzelfall im Rahmen einer sorgfältigen Abwägung der Interessen aller Mietvertragsparteien entschieden werden. – Dem ist zu folgen. Eine Abwägung in diesem Sinne läßt das Festhalten an dem Erfordernis der Mieterhöhungserklärung gegenüber dem Ehemann noch nicht als rechtsmißbräuchlich erscheinen, weil es der Klägerin ohne besondere Erschwernisse möglich gewesen wäre, dessen Anschrift zu ermitteln und auch diesem gegenüber die Mieterhöhung zu erklären. Der Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, sie handele treuwidrig, wenn sie sich auf gefestigte Grundsätze der Rechtsprechung zur Einheitlichkeit der Erklärung zur Mieterhöhung beruft und den geschiedenen Ehemann nicht über die Freistellungserklärung hinaus aus dem Mietverhältnis entläßt. Der teilweisen Zustimmung der Beklagten zur Mieterhöhung kommt insoweit keine entscheidende Bedeutung zu, weil es der Beklagten im Rahmen der Vertragsfreiheit freistand, sich selbst (allein) zu einer beschränkten Mehrleistung zu verpflichten.

Wie das KG mit Rechtsentscheid vom 12.12.85 ausgesprochen hat, ist die auf Erteilung oder Zustimmung zur Mieter...

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