Orientierungssatz
Keine Geldentschädigung für die Unterbringung eines Untersuchungsgefangenen in einem Gemeinschaftshaftraum unter Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn die Erheblichkeitsgrenze für die Gewährung einer Geldentschädigung bei Verstößen gegen die Menschenwürde nicht überschritten ist.
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch das beklagte Land gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem beklagten Land eine Geldentschädigung wegen seiner Unterbringung in Hafträumen der Justizvollzugsanstalt Heidelberg H., Oberer Fauler Pelz O..
Der Kläger befand sich vom 06.01.2009 bis zum 30.06.2009 in der JVA Heidelberg H. in Untersuchungshaft. Er war wie folgt untergebracht:
06.01.2009: Haftraum 3315, Größe 16,73 qm, mit zwei Mitgefangenen;
07.01.2009 - 17.01.2009: Haftraum 3307, Größe 8,97 qm, mit einem Mitgefangenen;
18.01.2009 - 28.01.2009: Haftraum 3307, Größe 8,97 qm, allein;
29.01.2009 - 18.02.2009: Haftraum 3317, Größe 7,88 qm, allein;
18.02.2009 - 27.02.2009: Haftraum 3119, Größe 16,58 am, mit einem Mitgefangenen;
27.02.2009 - 10.03.2009: Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, mit einem Mitgefangenen;
10.03.2009 - 16.03.2009: Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, allein;
16.03.2009 - 26.03.2009: Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, mit einem Mitgefangenen;
26.03.2009 - 30.03.2009: Haftraum 3111, Größe 8,25 qm, allein;
30.03.2009 - 30.06.2009: Einzelhaftraum bis zur Entlassung.
Bei seiner Aufnahme am 06.01.2009 beantragte der Kläger schriftlich, in einem Einzelhaftraum untergebracht zu werden. Er erklärte sich jedoch für den Fall, dass ein Einzelhaftraum nicht zur Verfügung steht, vorläufig mit der gemeinsamen Unterbringung mit anderen Untersuchungsgefangenen in demselben Raum und der Aufnahme in die Warteliste für Einzelhafträume für einverstanden.
Die Gemeinschaftsräume, in denen der Kläger untergebracht war, verfügten nicht über eine räumliche getrennte und gesondert zu entlüftende Toilette. Vielmehr war die Toilette nur durch einen sog. Schamvorhang vom Rest des Haftraums getrennt.
Der Kläger nahm ab 29.01.2009 am Arbeitsbetrieb teil, so dass er sich von 7.15 Uhr bis 15.30 Uhr nicht im Haftraum befand. Ab dem 13.03.2009 war er zusätzlich als Essensträger eingeteilt, so dass er sich täglich bis einschließlich 17 Uhr außerhalb des Haftraums befand.
Der Kläger war während der Untersuchungshaft anwaltlich vertreten. Seine Strafverteidigern besuchte ihn das erste Mal am 13.01.2009 und sodann wöchentlich in der Justizvollzugsanstalt.
Während seiner Unterbringung in den Gemeinschaftshafträumen hat der Kläger keine schriftlichen Beschwerden gegen seine Unterbringung bei der Anstaltsleitung eingereicht, auch hat er keine schriftlichen Verlegungsanträge oder Anträge auf gerichtliche Entscheidung wegen der Gemeinschaftsunterbringung gestellt.
Der Kläger behauptet, er habe seinen Antrag auf Einzelunterbringung gegenüber den zuständigen Wachbeamten mehrfach mündlich wiederholt. Einen schriftlichen Antrag habe er nicht gestellt, da ihm stets gesagt worden sei, die Einzelzellen würden der Reihe nach verteilt, ein schriftlicher Antrag sei sinnlos. Von der Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, habe er keine Kenntnis gehabt.
Der Kläger ist der Auffassung, die Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle habe gegen seine Menschenwürde verstoßen. Sie sei daher auch nicht von § 201 Nr. 3 StVollzG gedeckt. Der Verstoß gegen die Menschenwürde ergebe sich insbesondere daraus, dass die Toilette nicht räumlich fest abgetrennt und gesondert zu entlüften gewesen sei. Da er einen Antrag auf Einzelunterbringung mehrfach erfolglos gestellt habe, sei sein Anspruch auch nicht wegen schuldhafter Nichteinlegung eines Rechtsmittels ausgeschlossen. Einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung habe er nicht stellen müssen, da die Anstaltsleitung einer gerichtlichen Anordnung der Einzelunterbringung wegen der angespannten Belegungssituation nicht habe Folge leisten können. Durch die Dauer der menschenunwürdigen Unterbringung sei die Erheblichkeitsschwelle überschritten, ab der eine Geldentschädigung zu gewähren sei. Dies gelte umso mehr, als die Hafträume mit Milchglasfenster ausgestattet seien, so dass ihm die Sicht nach draußen verwehrt war. Die menschenunwürdige Situation sei nicht durch Arbeit oder Freizeitaktivitäten entschärft worden. Auch hier habe er der Gemeinschaftskontrolle unterlegen und keine Privatsphäre genossen. Der Kläger hält in Anlehnung an den Prozesskostenhilfebeschluss vom 23.02.2012 einen Entschädigungsbetrag von 1.000 € für angemessen.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 1.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit...