Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietpreisüberhöhung: "Ausnutzen" eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen und Darlegungslast des Mieters bei Geltendmachung eines Mietrückzahlungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Zum "Ausnutzen" eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen im Sinne des WiStrG § 5.
2. Macht der Mieter einen Rückforderungsanspruch geltend und beruft sich auf eine Mietpreisüberhöhung, muß er in aller Regel im einzelnen dartun, welche Anstrengungen er unternommen hat, eine Wohnung zu finden, daß und warum es ihm nicht möglich war, auf ein anderes Mietobjekt auszuweichen.
Orientierungssatz
Nach der Legaldefinition des WiStrG § 5 Abs 2 S 1 ist ein Entgelt nur dann unangemessen hoch, wenn der Vermieter ein zu geringes Angebot an vergleichbaren Räumen "ausnutzt". Das bedeutet, daß der Mieter dartun muß, die hohe Miete wäre nicht erzielt worden, wenn ein ausreichendes Wohnungsangebot vorgelegen hätte. Das Tatbestandsmerkmal "ausnutzen" erfordert nach seinem Wortsinn gerade Feststellungen dazu, daß der Mietvertrag ohne das Vorliegen eines geringen Angebots nicht zustande gekommen wäre.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Den Klägern steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Mietzinses gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. in Verbindung mit § 5 WiStG zu.
Das von den Beklagten geforderte Entgelt für die vermietete Wohnung überstieg zwar die ortsübliche Vergleichsmiete nicht nur unwesentlich, die Kläger haben jedoch nicht dargetan, daß dies ein "unangemessen hohes Entgelt" im Sinne des § 5 WiStG ist. Nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 1 Satz 2 WiStG ist ein Entgelt nämlich nur dann unangemessen hoch, wenn der Vermieter ein zu geringes Angebot an vergleichbaren Räumen ausnutzt. Das bedeutet, daß der Mieter dartun muß, die hohe Miete wäre nicht erzielt worden, wenn ein ausreichendes Angebot vorgelegen hätte (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III 63). Die Voraussetzungen und der Umfang der Darlegungslast ist im einzelnen streitig. So kommt es nach der Ansicht von Sternel (a.a.O. III 58) weder darauf an, ob der Mieter eine andere Wohnung hätte anmieten können, noch darauf, ob eine kausale Verknüpfung besteht und auch nicht (a.a.O. III 63) auf die subjektiven Verhältnisse (wohl: des Vermieters). Die Kammer ist jedoch der Auffassung, daß die Voraussetzungen für einen Rückforderungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 5 WiStG erfordern, daß der vollständige Tatbestand des § 5 WiStG erfüllt ist. Ein Vertrag, der gegen ein Verbotsgesetz verstößt, ist gemäß § 134 BGB nur dann nichtig, wenn der objektive Tatbestand und - bei einer Strafvorschrift - auch die subjektiven Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Palandt/Heinrichs, §134 Rn. 5). Darauf kommt es im übrigen nicht entscheidend an, denn das Tatbestandsmerkmal "ausnutzen" erfordert nach seinem Wortsinn gerade Feststellungen dazu, daß der Mietvertrag ohne das Vorliegen eines geringen Angebots nicht zustande gekommen wäre (vgl. Weyhe, MDR 1998, 1322, 1323). Macht daher ein Mieter einen Rückforderungsanspruch geltend und beruft er sich auf eine Mietpreisüberhöhung gemäß § 5WiStG, ist es in aller Regel erforderlich, daß er im einzelnen dartut, welche Anstrengungen er unternommen hat, eine Wohnung zu finden, daß und warum es ihm nicht möglich war, auf ein anderes Mietobjekt auszuweichen (vgl. LG München I WM 1998, 360; LG Frankfurt/M. WM 1998, 167 und 168). Dazu jedoch fehlt jeglicher Vortrag. Im Gegenteil: Das Verhalten der Kläger spricht gerade gegen ein "Ausnutzen" durch die Beklagten. Die Kläger haben nämlich nicht nur im weiteren Verlauf des Vertragsverhältnisses einen Aufschlag auf die Miete in Höhe von 35,- DM für den Fenstereinbau akzeptiert, sie sind auch trotz der nicht unerheblichen Überhöhung der Miete sechs Jahre in der Wohnung verblieben und haben sich nicht um anderen - kostengünstigeren - Wohnraum bemüht, obwohl sich die Wohnungsmarktlage in den nachfolgenden Jahren gerichtsbekanntermaßen entspannte. Sie sind erst aus dem gemieteten Anwesen ausgezogen, als wegen der beruflichen Veränderung ein Umzug notwendig wurde. Bei deutlicher Entspannung der Marktlage ist jedoch der Mieter gehalten, andere Möglichkeiten zu ergreifen, sonst trägt er die Last des vereinbarten Mietzinses (LG Frankfurt/M. WM 1998, 168). Hätte der Gesetzgeber einen so weitgehenden Schutz der Mieter zu Lasten der Vertragsfreiheit gewollt, wie die Kläger dies annehmen, wäre eine Vorschrift (z.B. in den §§ 535 ff. BGB) notwendig, daß Mietverträge insoweit nichtig sind, als die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20% übersteigt. An einer solchen Regelung fehlt es jedoch. Vielmehr müssen die Voraussetzungen des § 5 WiStG erfüllt sein. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür tragen die Kläger als Mieter.
Ansprüche aus §§ 138, 812 BGB, die schon bei objektiver Überhöhung eintreten können, scheitern an der hier erforderlichen Überschreitung um 50% des Vergle...